Produktionsgeschichte
1933 erwarb MGM die Rechte an Bambi. Der Regisseur Sidney Franklin plante eine Realverfilmung des Stoffs. Allerdings musste er relativ bald einsehen, dass eine Umsetzung nach seinen Vorstellungen zur damaligen Zeit nicht möglich war. 1935 wandte sich Sidney Franklin an Walt Disney und schlug ihm das Thema für eine animierte Verfilmung vor. Sie schlossen einen Vertrag für drei Jahre und die Arbeiten an Bambi begannen 1936.
Ob Sidney Franklin Walt Disney wirklich die initiale Idee für die Verfilmung der Tiergeschichte lieferte oder ob diese gar vom Literaturnobelpreisträger Thomas Mann stammt, ist nicht ganz klar. Thomas Mann galt als großer Bewunderer Saltens Werks. Beide hatten sich im Exil in der Schweiz kennengerlernt. Thomas Mann lernte auf seiner ersten Reise in die USA auch Walt Disney kennen. Beide wurden am gleichen Tag zu Ehrendoktoren der Harvard University ernannt. Später gab es ein Treffen zwischen Mann und Disney in Hollywood. Gesichert ist es nicht, aber es wird vermutet, dass Thomas Mann Walt Disneys Interesse am Stoff Saltens geweckt haben könnte. Vielleicht ist es auch eine Kombination aus beidem: Walt lernte Bambi durch Thomas Mann kennen und musste daher von Franklin nicht groß überzeugt werden.
Disneys Hang zur Perfektion
Ursprünglich war geplant, dass Bambi als zweiter abendfüllender Zeichentrickfilm nach Schneewittchen und die Sieben Zwerge ins Kino kommen sollte. Doch das Projekt verzögerte sich, insbesondere durch Walt Disneys Streben nach Perfektion. So schickte er die Zeichner zum Beispiel in den Zoo von Los Angeles und richtete im Studio gar selbst einen kleinen Zoo ein, damit die Zeichner am realen Vorbild lernen konnten, die Bewegungen der Tiere besser darzustellen. Unter diesen Tieren waren auch zwei Rehkitze aus Maine.
Als Disney die Produktion von Bambi ankündigte, schickte der US-Bundesstaat zwei Rehkitze an die Disney Studios, damit die Animatoren sie als Modelle verwenden konnten - ein Männchen und ein Weibchen, eines für Bambi und eines für Feline. Die beiden Tiere wurden im Sommer 1938 in Kalifornien in Empfang genommen.
Aber nicht nur die Tiere, sondern auch die Hintergrundbilder erforderten umfassende Recherchen. Der Fotograf Maurice Day wurde für einige Monate nach Maine geschickt, um in den dortigen Wäldern zu fotografieren und verschiedene Naturphänomene und Wetterlagen einzufangen. Er kehrte mit tausenden Fotografien nach Kalifornien zurück. Diese Fotografien sollten als Vorlage für die Zeichner dienen.
Auf Basis dieser Fotografien erschuf Tyrus Wong schließlich einige Probezeichnungen, die Walt Disney begeisterten. Wong hatte einen ganz eigenen Stil, er deutete in seinen Kunstwerken die Details der Natur nur an. Er setzte eher auf Farben und Licht, um die Stimmung im Wald einzufangen, als auf eine detailgetreue Darstellung jedes einzelnen Blattes oder Grashalms.
Der lange Weg zur Storyline
Erst im Frühjahr 1940 nahm das Projekt langsam Fahrt auf und Animatoren, die an anderen Dingen gearbeitet hatten, wurden Bambi zugewiesen, um die Arbeit zu beschleunigen.
Dass es bis zu diesem Zeitpunkt nur wenige Fortschritte gegeben hatte, ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Zum einen herrschte lange Zeit keine Einigkeit über die Geschichte, die erzählt werden sollte. Ideen wurden entwickelt, um schließlich doch verworfen. So wurden zum Beispiel einige Wochen darauf verwende eine Ameisenzivilisation zu entwickeln, weil angedacht war, eine Szene in den Film aufzunehmen, in der Bambi in einen Ameisenhügel tritt. Ähnlich verhielt es sich mit Grashüpfern. All diese Dinge wurden entwickelt und dann doch verworfen. Ein zeitintensives Vorgehen.
Einer der Gründe für die nicht vorhandene klare Linie, die zwar bis zu einem gewissen Grad für einen kreativen Prozess normal ist, hier aber sehr weit ausuferte, wird darin gesehen, dass Walt Disney selbst zwischenzeitlich nicht auf Bambi fokussiert war, sondern anderen Filmen, insbesondere Fantasia deutlich mehr Aufmerksamkeit schenkte.
Weitere Hürden
Ein weiteres Hindernis war der Zweite Weltkrieg, der bedeutete, dass in den USA alle zivilen Filmprojekte eingestellt werden mussten, um Kapazitäten für Propagandafilme im Auftrag des Verteidigungsministeriums zu schaffen. Außerdem wurde ein Teil der Disney Studios vom Militär beschlagnahmt und fast die Hälfte des Personals wurde zur Armee eingezogen. Disney gelang es aber dennoch, weiter an Bambi zu arbeiten. Allerdings verzögerte sich der Prozess durch die Einschränkungen.
Dazu kam, dass die Multiplan-Kamera, die kurz zuvor erfunden worden war, in besonders großem Umfang eingesetzt wurde. Was die Produktion ebenfalls aufwändiger und zeitintensiver machte. Auch die parallel stattfindenden Arbeiten an anderen Filmen wie Pinocchio und Fantasia verzögerten den Fortschritt am Bambi-Film. Problematisch war auch die finanzielle Lage, da Pinocchio und Fantasia hohe Budgets verschlungen hatten, an der Kinokasse aber nicht zum Erfolg wurden. Das Studio musste daher seine Ausgaben reduzieren. Im Frühjahr 1941 teilte Walt Disney seinen Angestellten mit, dass die Ausgaben um die Hälfte reduziert werden müssten. Szenen musste daher gekürzt oder vorzeitig beendet werden. Die Sparmaßnahmen wirkten sich nicht alleine auf den Film aus, die Unzufriedenheit in der Belegschaft wuchs und so kam es im Mai 1941 zum Streik der Zeichner. Die Auswirkungen waren deutlich spürbar, Teile der Belegschaft verließen die Disney Studios und die Arbeiten an Bambi gingen nur schleppend voran.
Letztendlich sollte die Produktion von Bambi rund sieben Jahre in Anspruch nehmen.
Restaurierung
2004 wurde der Originalfilm, der in der Library of Congress lagert, vollständig restauriert, da es zu zerfallen drohte. Das Zelluloid aus dem der Film besteht, eignet sich nur bedingt für längere Aufbewahrung. Um das Original zu erhalten, wurde die Firma Lowry Digital Images mit der Restaurierung beauftragt.
In dem rund 14 Monate dauernden Prozess musste jedes einzelne Bild des Films (110.000 Bilder insgesamt) von Hand gereinigt werden. Die ursprüngliche Farbgebung wurde anhand von Skizzen und anderen erhaltenen Vorzeichnungen rekonstruiert.