Geschichte der Walt Disney Animation Studios
Die Anfangsjahre der Walt Disney Animation Studios sind identisch mit der Geschichte der Walt Disney Company, da es schlicht ein und dasselbe Unternehmen war. Erst in den 1980er Jahren wurde eine Trennung vorgenommen, da das Unternehmen inzwischen zu einem internationalen Multimedia-Konzern geworden war. Aber der Reihe nach.
Die Anfangsjahre: Disney Brothers Cartoon Studio
1923 gründeten die Brüder Walt und Roy Disney das Disney Brothers Cartoon Studio in Los Angeles, das zunächst in der Garage ihres Onkel untergebracht war. Zunächst produzierten sie die Alice-Comedys. Kurzfilme, in der sich ein junges Mädchen in einer Zeichentrickfilmwelt bewegt. Vertrieben wurde diese Kurzfilme von Margaret J. Winkler’s Winkler Pictures, die später auch die Disney Kurzfilmreihe Oswald the Lucky Rabbit vertrieb.
In den ersten Jahren zogen die Disneys mehrfach um. Von der Garage ihres Onkels verabschiedeten sich die Brüder schon nach wenigen Monaten, um nur einige Häuser weiter, ein neues Büro zu eröffnen. Der Kingswell Avenue in Los Feliz bei Los Angeles blieben die Disneys auch beim nächsten Umzug Anfang 1924 treu. Erst 1926 zog es sie in die Hyperion Avenue 2791, auf diese Adresse ist auch die Bezeichnung Hyperion Studio zurückzuführen. Mit dem Umzug an diesen neuen Standort folgte auch die Umbenennung des Unternehmens in Walt Disney Studio.
In der Zwischenzeit hatte Charles Mintz Magaret Winkler geheiratet und war in ihr Geschäft eingestiegen. Als Walt Disney versuchte, seinen Vertrag über Oswald the Lucky Rabbit mit Winkler Pictures zu verlängern, scheiterte dies an den Bedingungen von Mintz. Disney verlor daraufhin die Rechte an Oswald und Mintz richtete ein eigenes Trickfilmstudio ein, um dort Oswald Cartoons zu produzieren. Um diese Pläne verwirklichen zu können, hatte er zahlreiche Mitarbeiter Disneys abgeworben.
Doch Walt Disney ließ sich von diesem Rückschlag nicht entmutigen. Ganz im Gegenteil. Zusammen mit Ub Iwerks arbeitete er an neuen kurzen Zeichenfilmen, in denen eine neue Figur die Hauptrolle spielen sollte: Mickey Mouse.
Die ersten beiden Mickey Mouse Filme Plane Crazy und Galopping Gaucho wurden nur einem begrenzten Publikum gezeigt. Erst der dritte Mickey Film: Steamboat Willie wurde einem breiten Publikum im Kino gezeigt. Es handelte sich um den ersten Zeichentrickfilm mit synchronisiertem Ton. Seine Premiere fand am 18. November 1928 statt. Dem Tag, der heute gemeinhin als Geburtstag von Mickey Mouse und Minnie Mouse gilt.
Die Disney Studios produzierten in der Folge eine Zeichentrickserie mit Mickey Mouse in der Hauptrolle und entwickelten zeitgleich die Silly Symphonies. Der erste dieser Kurzfilme war 1929 The Skeleton Dance.
Hürden, Disney’s Folly und Erfolge
Die Streitigkeiten mit Powers hielten an und ließen sich nicht aus der Welt schaffen, daher arbeitete Disney ab 1930 mit Columbia als Vertriebspartner zusammen. Aber auch diese Kooperation sollte nicht von Dauer sein, 1932 folgte der Wechsel zu united Artist als Vertriebspartner.
Während all dieser verwaltungstechnischen Probleme, ging die kreative Arbeit in den Walt Disney Animation Studios weiter. Im Monatstakt erschienen neue Mickey Shorts und auch die Silly Symphonies wurden ausgebaut. 1932 erschien der erste Kurzfilm in Technicolor, es handelte sich um die Silly Symphony Flowers and Trees. Anschließend wurden alle Silly Symphonies in Technicolor produziert.
Parallel zu dieser Entwicklung konzentrierte sich Walt Disney auf die Kunst des Geschichtenerzählens, da er erkannt hatte, dass Filme mit packenden Geschichten deutlich erfolgreicher waren. Er veranlasste die Gründung des Story Departements, in der die Geschichten und die Figuren für die Filme auf Storyboards entwickelt wurden. Der erste Kurzfilm, der in dieser Abteilung sorgfältig ausgearbeitet wurde war Three Little Pigs, der zu einem großen Erfolg an den Kinokassen wurde.
1934 kündigte Walt Disney an, dass er das Ziel habe, einen abendfüllenden animierten Spielfilm zu drehen. Dieses Projekt wurde von vielen Kollegen und Studios in Hollywood als Disney’s Folly bezeichnet, weil es als zu verrückt und nicht realisierbar galt. Doch von derartigen Hürden ließ Walt Disney sich nicht abhalten. Am 21. Dezember 1937 feierte Schneewittchen und die sieben Zwerge Kinopremiere.
Bis es soweit war, mussten allerdings erst einige Grundlagen geschaffen und das Studio erweitert werden. Frisch gebackene Hochschulabsolventen wurden eingestellt und unter der Anleitung der Chef-Animatoren Les Clark, Norm Ferguson und Art Babbit angeleitet. Dieses Ausbildungssystem wurde ausgeweitet und im Laufe des Programms wurden viele der später allgemeingültigen Techniken und Prinzipien der Animation entwickelt. Die Silly Symphonies dienten dabei als Experimentierkasten.
Die Produktion von Schneewittchen war eine echte Herausforderung und verschlang rund 1,4 Millionen US-Dollar, eine damals unvorstellbar große Summe für einen Film. Doch der Erfolg an der Kinokasse war bis dahin beispiellos: satte 8 Millionen Dollar konnten bei der Erstveröffentlichung von Schneewittchen und die sieben Zwerge erzielt werden.
Während die Arbeiten an Schneewittchen liefen, ging es auch mit den Kurzfilmen weiter. 1935 wurde auch Mickey Mouse in Technicolor produziert und die beliebte Maus bekam immer mehr Freunde, die immer wieder in seinen Filmen auftraten. Dazu gehörten zunächst vor allem Minnie Mouse, die seit 1928 immer wieder an seiner Seite war, außerdem Donald Duck, Goofy und Pluto.
1940 bekamen Donald Duck, Goofy und Pluto sogar eigene Serien. Die Silly Symphonies wurden 1939 eingestellt, obwohl sie mehrfach Oscar prämiert und sehr erfolgreich waren.
Die 1940er Jahre: Höhen und Tiefen
Durch den riesigen Erfolg von Schneewittchen konnte Disney ein neues Studio bauen. An der Buena Vista Street in Burbank wurde ein größeres und moderneres Studios errichtet. An diesem Ort hat die Walt Disney Company noch heute ihren Sitz.
1940 war auch das Jahr, in dem Disney an die Börse ging. Das Unternehmen hieß damals Walt Disney Productions und Walt Disney fungierte als Präsident, sein Bruder Roy Disney als CEO.
In den 1940er Jahren erschienen mehrere Zeichenfilme. Den Auftakt machten Pinocchio und Fantasia, die beiden nicht den erwarteten Erfolg brachten.
1941 begann ein verbitterter Streit mit den Gewerkschaften, der zu Streiks und unvereinbaren Positionen führte. Zahlreiche langjährige und namhafte Mitarbeiter Disneys, wie zum Beispiel Art Bobbitt verließen in der Folgte das Disney Studio.
Noch während der Streik tobte, erschien Dumbo im Kino und erwies sich als finanzieller Erfolg. Sein Nachfolger Bambi, der 1942 ins Kino kam, hingegen nicht. Aufgrund der finanziellen Misserfolge, und des Zweiten Weltkriegs wurde die Produktion von Spielfilmen zunächst beendet. Filme, wie Peter Pan, Alice im Wunderland und Susi und Strolch, an denen bereits gearbeitet worden war, wurden zunächst auf Eis gelegt.
Disney beschloss sich zunächst wieder auf Kurzfilme zu konzentrieren.
Die Arbeiten im Studio wurden durch den Eintritt der USA in den Krieg stark beeinträchtigt. Zum einen wurden wichtige Zeichner zum Kriegsdienst eingezogen und zum anderen musste das Studio zwischenzeitlich rund 500 Soldaten der U.S. Army beherbergen, die nahegelegene Flugzeugwerke schützen sollten.
Disney erhielt in dieser Zeit den Auftrag, das US Militär mit Propagandafilmen zu unterstützen.
Parallel wurden zwei Filme veröffentlicht: Saludos Amigos und The Three Caballeros, für die Disney auf einer Süd- und Mittelamerikareise 1941 inspiriert worden war.
In der Folge gab es einige weitere, relativ kostengünstige Filme, die eine Kombination aus Zeichentrick- und Realfilmsequenzen erhielten. Außerdem wurden einige Spielfilme produziert.
Darüber hinaus begann Disney mit der Neuauflage der früheren Zeichenfilme. Den Anfang machte Schneewittchen und die sieben Zwerge, es folgten Pinocchio und Fantasia.
Ab 1948 wandte sich Disney dann doch wieder der Produktionen von Zeichenfilmen in voller Länge zu und begann mit den Arbeiten an Cinderella. Vom Erfolg dieses Projekts hing die Zukunft des Unternehmens ab, denn die Jahre zuvor waren alles andere als einfach gewesen. Sollte die fast 3 Millionen Dollar teure Produktion von Cinderella ein Flop werden, wären die Disney Studios ernsthaft in Gefahr.
Es geht bergauf
Cinderella war ein Kassenschlager und es ging merklich bergauf mit den Walt Disney Animation Studios. In den 1950er Jahren wurden weitere Zeichenfilme, die zum Teil schon einige Jahre zuvor in Planung waren, produziert, darunter Alice im Wunderland und Peter Pan.
Aber Walt Disney wäre nicht er selbst gewesen, hätte er sich nicht für neue Dinge begeistert. So rückten die Bereiche Fernsehen, Live-Action-Filme und natürlich das Disneyland immer mehr in seinen Fokus.
Obwohl viel Zeit und Arbeit in den ersten Disney Themenpark gesteckt wurde, der 1955 in Anaheim eröffnet werden konnte, gingen die Arbeiten im Studio voran. 1959 kam Dornröschen ins Kino, der bis dahin teuerste Disney Film, dessen Produktion 6 Millionen Dollar verschlungen hatte. Da der Film im Kino nicht so erfolgreich war wie erwartet, mussten zahlreiche Mitarbeiter des Studios entlassen werden.
Die Produktion von Kurzfilmen wurde deutlich eingeschränkt, die Kurzfilmabteilung 1956 komplett geschlossen. Kurzfilme sind bis 1969 von der Spielfilmabteilung produziert worden. Mitarbeiter aus dem Bereich Kurzfilm wurden entlassen oder wechselten in andere Bereiche, zum Beispiel ins Disneyland oder zum The Mickey Mouse Club.
Trotz der Entlassungswelle gingen die Arbeiten im Bereich Zeichenfilm voran und es konnten zu Beginn der 1960er Jahre Filme wie 101 Dalmatiner und Die Hexe und der Zauberer veröffentlicht werden.
Tod Walt Disneys und das schwierige Erbe
Im Dezember 1966 starb Walt Disney an Lungenkrebs. Nach dem Tod des Firmengründers führte Wolfgang Reithermann als Produzent und Regisseur die Arbeit an den Spielfilmen fort. Parallel dazu gingen die Arbeiten in Florida voran, wo Walt Disney World 1971 eröffnet werden konnte.
Nur kurz nach der Eröffnung des zweiten Disney Parks starb auch Roy Disney. Die Firma wurde in der Folge von Donn Tatum und Card Walker geleitet.
Im Bereich der Animation gab es, wie auch in den Jahrzehnten zuvor, Filme, die hinter den Erwartungen zurückblieben (Aristocats und Robin Hood) als auch sehr erfolgreiche Titel (Bernard und Bianca – Die Mäusepolizei). Mit dem Film Bernhard und Bianca ging ein großer Umbruch im Bereich der Walt Disney Animation Studios einher. Viele der älteren Mitarbeiter wie Les Clark oder Milt Kahl verabschiedeten sich in den Ruhestand und machten Platz für eine Riege neuer Animatoren, die zum großen Teil vom California Institute of the Arts, das mit Hilfe der Gebrüder Disney ins Leben gerufen worden war, kamen.
1979 kam es zu einem Richtungsstreit, da einige Animatoren keine Entwicklung bei Disney sahen und befürchteten, die Animationsfilme könnten in eine Sackgasse geraten. Don Bluth und einige Gleichgesinnte verließen Disney daraufhin.
Neue kreative Köpfe wie Andreas Deja, Tim Burton, Brad Bird und John Lasseter durften ihr Können unter Beweis stellen. John Lasseter verließ Disney allerdings 1983 nachdem er aus Sicht Disneys zu sehr auf den Bereich der Computeranimation setze. Lasseter ließ sich nicht beirren und wurde in der Folge zum kreativen Motor bei Pixar. Ähnlich wie Lasseter erging es auch Burton und Bird, sie hatten keine Zukunft bei Disney und wurden entlassen.
Es waren unruhige Zeiten.
Umstrukturierung und Rückkehr zum Erfolg
Es war längst klar, dass es mit dem Disney Konzern nicht so weitergehen konnte. Seit Walts Tod war die Richtung verloren gegangen. Es gab zwar immer wieder erfolgreiche Projekte, aber gleichzeitig auch sehr viel Unruhe.
Ron Miller, der Schwiegersohn Walt Disneys, war seit 1978 Präsident von Walt Disney Productions. Er vermochte es nicht, das Steuer herumzureißen. 1984 konnte nur mit Glück eine Übernahme Disneys verhindert werden.
Roy E. Disney, der Sohn von Roy. O. Disney und Neffe von Walt gründete die Kampagne Save Disney und bewegte den Vorstand dazu Ron Miller zu entlassen. An seiner Stelle holte Roy E. Disney Michael Eisner als CEO und Frank Wells als Präsident ins Unternehmen. Ein kluger Schachzug, der die folgenden Jahre entscheidend prägen sollte.
Kurz nach diesem Umbruch kam 1985 Taran und der Zauberkessel ins Kino. Der mit 44 Millionen Dollar bis dahin teuerste Film des Studios war ein Flop. An der Kinokasse konnte er lediglich 21 Millionen Dollar einspielen. Damit war der Tiefpunkt der Animationssparte erreicht und die gesamte Zukunft des Trickfilms bei Disney war in Gefahr. Michael Eisner spielte mit dem Gedanken, die Abteilung für Animationsfilme zu schließen und die Produktion auszulagern. Doch soweit sollte es dann doch nicht kommen. Roy E. Disney übernahm diesen Bereich und setzte Peter Schneider als Leiter der Abteilung ein. Allerdings wurde die Abteilung für Animation vom Studiogelände verbannt und bezog neue Räumlichkeiten in der Flower Street in Glendale, Kalifornien.
Unter der Regie von Roy Disney, Peter Schneider und Jeffrey Katzenberg kam die Abteilung langsam wieder in Schwung. Oliver & Co, der 1988 ins Kino kam war der bis dahin erfolgreichste Zeichenfilm in den USA.
Die Renaissance
Der Erfolg von Oliver & Co hatte den Grundstein gelegt, in den folgenden Jahren sollten viele weitere extrem erfolgreiche Filme veröffentlicht werden. 1989 erschien Arielle, die Meerjungfrau. Dieser Film wurde als Meilenstein in der Geschichte der Walt Disney Animation Studios gesehen, da er der (zum damaligen Zeitpunkt) mit Abstand erfolgreichste Film des Unternehmens wurde.
Er war in vielerlei Hinsicht bedeutend. Zum einen entfachte er das Interesse am Genre des Zeichen- und Musikfilms neu, zum anderen wurde hier erstmals das Computer Animation Production System (CAPS) eingesetzt, das von Pixar entwickelt worden war.
Mit Bernard und Bianca im Känguruland kam 1990 der erste Disney Film in die Kinos, der vollständig mit dem CAPS-System koloriert worden war.
Mit Die Schöne und das Biest, Aladdin und Der König der Löwen folgte ein Erfolg auf den nächsten.
Disney gelang es in dieser Zeit, das Musical-Zeichenfilm-Format perfekt auszureizen. Durch ausgefeilte Marketingstrategien und umfassenden Merchandise gelang es, ein Publikum von jung bis alt anzusprechen und ins Kino zu locken.
Musiker wie Alan Menken, Howard Ashman und Tim Rice sowie Elton John knüpften an die großen Erfolge der Shermann Brothers an, die lange Zeit die Musik für die Disney Filme beigesteuert hatten.
Die Animationsfilme, die noch wenige Jahre zuvor vor dem Aus standen, wurden zu einem wichtigen und lukrativen Teil des Geschäfts. Daher wurde die Entscheidung getroffen, die Abteilung zu erweitern und für Disney Feature Animation ein neues Gebäude in Burbank zu errichten.
Zudem wurden die Aktivitäten an anderen Standorten, in Florida und in Paris ausgeweitet.
Parallel zu den Kinofilmen wurde der Direct-to-Video-Markt entdeckt. Es wurden kostengünstige Fortsetzungen der erfolgreichen Animationsfilme produziert. Diese Aufgabe wurde von den Disney MovieToons Studios übernommen. Außerdem wurden einige der erfolgreichen Filme in dieser Zeit für Broadway Musicals adaptiert.
Es schien, als ob alles zu Gold würde, was den Namen Disney trug.
Ende der Renaissance
Parallel zu den riesigen Erfolgen der frühen 1990er Jahre arbeitete das Disney Animationsteam eng mit Pixar zusammen und war so an der Produktion von Toy Story beteiligt, dem ersten vollständig computeranimierten Spielfilm der Welt. Der Film wurde von Pixar für Disney produziert und erschien 1995. Pixar unterzeichnete einen Vertrag über fünf Filme mit Disney, der mit Findet Nemo enden sollte.
In den eigenen Animationsstudios erschienen in den nächsten Jahren einige Filme, die kommerziell enttäuschend waren. Zwar konnten Hercules und auch Der Glöckner von Notre Dame überzeugen, doch konnten sie nicht an den überwältigen Erfolg der Jahre zuvor anknüpfen. Die Produktion traditionell animierter Filme war kostspielig und Thomas Schuhmacher, der inzwischen Präsident der Walt Disney Feature Animation war, war dazu gezwungen Entlassungen vorzunehmen. Zwischenzeitlich hatten die Studios 2200 Mitarbeiter. Rund 1000 Stellen mussten gestrichen werden. Ein extremer Einschnitt.
Während Pixar und andere Studios mit ihren computeranimierten Filmen riesige Erfolge feierten, wirkten die Disney Zeichenfilme, die um das Jahr 2000 erschienen altbacken und verstaubt. Weder Ein Königreich für ein Lama, Atlantis noch Der Schatzplanet konnten überzeugen. Disney sah sich 2002 gezwungen weitere Mitarbeiter zu entlassen und es gab Pläne, die Zeichenfilmsparte zugunsten von computeranimierten Filmen völlig zu schließen. Das Studio in Paris wurde im Zuge dieser Sparmaßnahmen 2003 geschlossen. Das Studio in Florida bliebt allerdings geöffnet. Hier entstand der Film Lilo & Stitch, der bei einem Budget von 80 Millionen Dollar weltweit mehr als 270 Millionen Dollar einspielte.
Die Praxis der Dircet-to-Video-Folgen war in den 1990er Jahren sehr erfolgreich gewesen. 2002 entschied Disney aber, diese Filme, die eigentlich nur auf Video erscheinen sollten, im Kino zu zeigen. Ein Schritt, der von Mitarbeitern und Fans stark kritisiert wurde.
Nachdem Bärenbrüder, der ebenfalls in Florida produziert wurde, kein Erfolg war, wurden die Studios in Florida 2004 geschlossen. In diesem Jahr gab Disney auch bekannt, dass das Walt Disney Feature Animation Studio zu einem CGI-Studio umgewandelt werden solle.
Roy E. Disney hatte inzwischen seinen Posten in der Walt Disney Company aufgegeben und eine erneute Save Disney Kampagne gestartet, weil er nicht sah, wie das Unternehmen mit Michael Eisner an der Spitze wieder in die Erfolgsspur kommen sollte. Seit Frank Wells 1994 bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben gekommen war, stand Eisner alleine an der Spitze des Konzerns.
Neuer CEO, neuer Aufschwung
2005 löste Bob Iger Michael Eisner als CEO ab und nahm sofort Kontakt zu Steve Jobs bei Pixar auf, um zu retten, was zu retten war. Die Gespräche verliefen anders als von Außenstehenden gedacht. So wurde der Vertrag zwischen Disney und Pixar nicht verlängert, sondern Disney kaufte Pixar für die Summe von 7,4 Milliarden Dollar auf.
Damit war die Zukunft der Animation bei Disney gerettet. Obwohl es zunächst ungewöhnlich klingen mag, stellte die Übernahme Pixars die Rettung der Disney Animationsfilme dar. Denn John Lasseter und Edwin Catmull von Pixar wollten auf keinen Fall, dass Pixar Disney ersetzt. Ihnen war es wichtig, die Schließung der Abteilung zu verhindern und ihr neues Leben einzuhauchen. Disney Feature Animation und Pixar sollten getrennt voneinander bestehen, sich aber gegenseitig beflügeln. Dieser Plan ist inzwischen aufgegangen.
Beide Animationsstudios haben ihre eigene Linie und sind nach dem System des filmmaker-driven Studios aufgebaut. Lasseter suchte darüber hinaus den engen Kontakt zu den führenden kreativen Köpfen des Studios und traf sich mit ihnen zu wöchentlichen Gesprächen. Die Stimmung und Motivation stieg deutlich.
2007 wurde Walt Disney Feature Animation in Walt Disney Animation Studios umbenannt, der Name unter dem sie bis heute bekannt sind.
Bei Walt Disney Animation entstehen sowohl traditionelle als auch computeranimierte Filme.
Natürlich brauchte die Neuordnung etwas Zeit, um sich auch an der Kinokasse als erfolgreich zu erweisen. Der erste signifikante Erfolg wurde mit Rapunzel (2010) erzielt. Ralph reichts beschritt denselben Weg und als Die Eiskönigin 2013 ins Kino kam, war klar, dass die Wende äußerst erfolgreich vollzogen war. Zusammen mit Die Eiskönigin kam der Kurzfilm Get a Horse ins Kino, ein erster Mickey Mouse Kurzfilm seit vielen Jahren der Leinwandabstinenz.
Inzwischen erscheinen im Jahresrhythmus neue Disney Animationsfilme, die ihr Publikum begeistern. John Lasseter ist allerdings seit 2017 nicht mehr verantwortlich, da er sich wegen Fehltritten gegenüber Mitarbeitern zunächst beurlauben ließ und das Unternehmen dann ganz verließ. Jennifer Lee hat seit dem 19. Juni 2018 seine Position als Chief Creative Office eingenommen und ist seither für den Bereich Disney Animation verantwortlich.