Die Disney Prinzessinnen im Wandel der Zeit
Die Disney Prinzessinnen werden üblicherweise in drei Generationen eingeteilt.
Zur ersten Generation der Disney Prinzessinnen gehören Schneewittchen, Cinderella und Aurora.
Die Prinzessinnen der ersten Generation entsprechen Zeitgeist ihrer Entstehungsjahre und spiegeln das Frauenbild der 1930er bis 1960er Jahre wider. Sie sind ein wenig "Heimchen am Herd", die auf ihren Prinzen warten, um es überspitzt zu formulieren.
Schneewittchen zum Beispiel nimmt ihre Pflichten im Haushalt äußerst ernst, ganz unabhängig davon, dass sie eine Prinzessin ist. Sie hält das Haus der sieben Zwerge sauber und ist im gesamten Film mit Putzen beschäftigt. Am Ende wird sie von einem Prinzen gerettet.
Cinderella kam 1950 ins Kino und entspricht ebenfalls dem damals herrschenden Zeitgeist. Ihr Leben dreht sich weitestgehend um die Hausarbeit, zwar wird ihr diese Aufgabe von ihrer bösen Stiefmutter aufgedrängt, aber sie erfüllt sie dennoch gewissenhaft. Während sie den Haushalt erledigt, träumt sie von einem anderen Leben. Dieser Traum geht am Ende in Erfüllung, als sie ihren Prinzen trifft.
Und auch bei Aurora, der dritten Prinzessin dieser Generation, sieht es nicht viel anders aus. Sie verbringt ebenfalls viel Zeit mit Haushaltspflichten, eher sie von ihrem Prinzen aus der Situation erlöst wird.
Zur zweiten Generation zählen Arielle, Belle, Jasmin, Pocahontas und Mulan.
Die zweite Generation der Disney Prinzessinnen spiegelt den Zeitgeist der 90er Jahre wieder. Zwischen Aurora (1959) und Arielle (1989) liegen 30 Jahre. In dieser Zeit hat sich die Welt verändert und auch das Frauenbild hat sich gewandelt. Da ist es nur logisch, dass auch die Disney Prinzessinnen anders auftreten. Hier lassen sich Arielle, Belle und Jasmin gut als eigensinnige Rebellinnen charakterisieren.
Arielle zum Beispiel setzt alles daran, ihren Wünschen und Sehnsüchten zu folgen. Sie lehnt sich gegen ihren Vater auf und ist auf der Suche nach dem eigenen Ich.
Belle ist eine Außenseiterin, die sich standhaft weigert, sich anzupassen. Sie möchte sich nicht auf die Rolle als Ehefrau und Mutter reduzieren lassen, sondern ihre eigenen Ziele und Vorstellungen vom Leben umsetzten. Sie beweist Mut und Loyalität gegenüber ihrem Vater und zeigt am Ende, dass sie sehr einfühlsam ist und damit das Biest von seinem Fluch befreien kann.
Und die dritte junge Dame im Bunde Jasmin? Auch sie sehnt sich nach einem selbstbestimmten Leben und lehnt sich gegen ihren Vater auf. Dieser rebellische Kampfgeist führt am Ende dazu, dass ihr Wunsch in Erfüllung geht und sie den Mann heiraten kann, den sie sich ausgesucht hat.
Zu dieser Generation der Disney Prinzessinnen zählen auch Pocahontas und Mulan. Sie heben sich ein wenig von ihren drei Vorgängerinnen ab, indem sie zeigen, dass sie keineswegs aus einen Mann angewiesen sind, auch wenn Männer durchaus eine Rolle in ihrem Leben spielen.
Pocahontas ist von der Liebe zu ihrer Heimat und dem Drang nach Freiheit so geprägt, dass sie bereit ist, auf Liebe zu verzichten. Sie ist damit die erste Disney Prinzessin, die beim Happy End nicht an der Seite eines Prinzen steht.
Ähnlich verhält es sich mit Mulan. Sie steht zu Beginn des Films vor einem altbekannten Prinzessinnenproblem: sie soll heiraten. Doch das ist nicht das, was sie will. Zunächst möchte Mulan herausfinden, wer sie eigentlich ist und wo ihr Platz im Leben ist. Um ihre Familie zu beschützen gibt sie sich als Mann aus und zieht für die kaiserliche Armee in den Krieg. Damit bricht sie sämtliche Rollenklischees, auch wenn sie am Ende doch auf ihre große Liebe trifft.
Kommen wir zur jüngsten Generation, den Prinzessinnen Tiana, Rapunzel, Merida und Vaiana.
Die dritte Generation bilden Tiana, Rapunzel, Merida und Vaiana.
Diese vier jungen Frauen sind echte Powerfrauen und zeigen, dass sie im Leben erreichen können, was sie wollen, auch ohne Mann an ihrer Seite.
Tiana, die erste junge Dame in dieser Reihe, wartet nicht auf ihren Prinzen, sondern arbeitet selbst an der Verwirklichung ihrer Träume. Sie verkörpert damit eine Powerfrau, die aus eigenem Antrieb ihren ärmlichen Lebensumständen entkommen will und keinen Mann benötigt, der sie aus dieser Situation erlöst.
Auch Rapunzel ist eine aktive, selbständige junge Frau. Sie ist willensstark, impulsiv und verfolgt unbeirrt ihren Traum. Sie wehrt sich gegen Einbrecher, befreit sich selbst aus ihrer Gefangenschaft und trifft dabei auf ihren Prinzen.
Merida ist entschlossen, ihren eigene Weg zu gehen, auch wenn sie dabei mit Traditionen brechen muss. Sie lässt sich nicht beirren und verfolgt ihren Traum, auch wenn sie dabei Hindernisse zu überwinden hat. Sie ist die erste Disney Prinzessin, die keine Romanze hat und auch nicht heiratet.
Vaiana, die neueste Ergänzung im Kreis der Disney Prinzessinnen ist keine Ausnahme. Sie ist eigensinnig, willensstark und furchtlos. Gleichzeitig zeigt sie aber auch Selbstzweifel, ist aber zu stur, um sich deswegen vor einer Herausforderung zu drücken.
Neben den Rollenbildern, die die Disney Prinzessinnen verkörpern, haben sie sich die aber auch in anderer Hinsicht gewandelt: Sie wurden inklusiver, sie machen Menschen unterschiedlicher Ethnien und Hautfarben sichtbarer, als das noch in der ersten Generation und zu Beginn der zweiten Generation üblich oder auch überhaupt vorstellbar war, als alle Prinzessinnen Weiße waren. Diese Entwicklung begann mit Jasmin und setzt sich bis heute, von Rapunzel und Merida abgesehen, fort. Sie tragen dazu bei Mädchen und Kindern aus allen Ethnien oder auch sozialen Schichten zu zeigen: Auch Ihr könnt eine Prinzessin sein, auch Ihr könnt Eure Träume verwirklichen, auch Ihr könnt starke, unabhängige Frauen sein.
Einen Schritt in Richtung Inklusion ging Disney zudem bei Vannelope von Schweetz, auch wenn sie keine offizielle Prinzessin im Rahmen des Franchises ist. Sie ist die erste Prinzessin mit einem Handicap, der fiktionalen Werkzeugstörung "Pixlexia", die der realen Dyslexie ähnelt.
Damit verfolgt Disney einen Weg der Diversität, den das Unternehmen auch in anderen Bereichen geht - wenn er auch bei den Prinzessinnen weniger ausgeprägt vollzogen wird. Ein Weg, der Disney durchaus harsche Kritik einbringt, was besonders deutlich wurde, als Arielle für die Neuverfilmung mit der schwarzen Schauspielerin Halle Bailey besetzt wurde. Eine Kritik, die insbesondere angesichts der rein fiktiven Märchenfiguren der Meerjungfrauen nur schwer nachvollziehbar ist. Ähnlich, wenn auch nicht ganz so ausgeprägt, war das auch bei der Besetzung für die Realverfilmung von Schneewittchen mit Rachel Zegler der Fall.
Kritiker dieser Rollenbesetzungen werfen oft ein, dass die Aufregung noch größer wäre, wenn bei einer etwaigen Realverfilmung von Küss den Frosch Tiana mit einer nicht-schwarzen Schauspielerin besetzt werden würde. Einerseits bleibt das gegebenenfalls abzuwarten und andererseits, warum eigentlich nicht? Gerade die Geschichte von Tiana wäre zum Beispiel hervorragend auf eine junge Frau in der arabischen Welt übertragbar, die, gegen alle Widerstände, die aus der der dort noch vielfach massiv exisiterenden Unterdrückung von Frauen resultieren, ihren eigenen Weg zu ihrem großen Traum verfolgt.
Wenn man die Disney Prinzessinnen auf diese Weise betrachtet, dann wird schnell klar, dass sie nur ganz bedingt Gemeinsamkeiten haben. Sie alle sind Prinzessinnen, aber haben doch ganz unterschiedliche Charakterzüge und unterscheiden sich voneinander, ganz besonders deutlich wird dies bei jedem Generationswechsel. Was uns wohl in der nächsten Generation der Disney Prinzessinnen erwartet?