Aus meiner Sicht läuft hier gerade eines wild durcheinander in den der Diskussion hier und im anderen Thread:
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Ich beschäftige mich seit vielen Jahren mit dem Thema Islam und islamischen Terrorismus, auch während meines Studiums habe ich das in meinen 3 Fächern getan, aus aktueller Sicht in Politikwissenschaft, aus historischer Sicht in Geschichte und aus philosophisch-thelogischer Sicht in Kath. Theologie bzw. dort in Veranstaltungen zur Vergleichenden Religionswissenschaft.
Ich habe den Koran gelesen, schon vor vielen Jahren und in weitgehenden Teilen auch die zweite Hauptquelle der islamischen Lehre, die Hadithe, Lebensbeschreibungen und Aussagen von Mohammed, wie diese von seinen Anhängern überliefert wurden.
Ich bilde mir also ein, zumindest halbwegs (! ich bin kein Experte) fit in dem Thema zu sein.
Zunächst zur Verquickung der Flüchtlingsdebatte mit den den Anschlägen:
Diese Vermischung halte ich für unredlich.
Natürlich wissen wir nicht, wer wirklich ins Land kommt und ich halte das auch für sehr problematisch, aber losgelöst von den Anschlägen.
Und auch wenn sich aktuell die Hinweise zu verdichten scheinen, das tatsächlich einer der Attentäter erst im Oktober als Flüchtling getarnt über Griechenland nach Frankreich gereist ist, so halte ich das für die absolute Ausnahme.
Einerseits, weil der IS gar nicht auf diese Wege angewiesen ist, sondern Leute problemlos auch so in andere Länder bringen könnte und andererseits, und das ist für mich das entscheidende: Weil solche Attentate (zumindest federführend) meist von Leuten ausgeführt werden, die schon viel länger in den Ländern sind, die sich dort unauffälig und frei bewegen können, die oft sogar die Staatsangehörigkeit der Zielländer haben. Im aktuellen Fall scheint zumindest 1 Täter als französischer, 3 als belgische Staatsbürger identifiziert zu sein.
Solche Anschläge macht man, gerade in diesem koordinierten Ausmaß in der Regel mal nicht eben so, sondern plant das langfristig, was Erkundigungen vor Ort einschließt etc.
Dass dies von gerade kürzlich angekommenen Flüchtlingen "geleistet" worden sein kann, halte ich nur im Einzelfall für möglich und dann auch nicht in führenden Positionen der Zellen, sondern "bestenfalls" als Kanonenfutter, für das zu sein, die Planer zu feige sind.
Nun zum Thema Umgang mit dem IS:
Ich bin durchaus der Meinung, dass man gegen den IS weiter und auch vermehrt militärisch vorgehen muss.
Aber wir sollten uns doch nicht der Illusion hingeben, dass dies zu einem Ende des islamischen Terrorismus führen könnte.
Damit wäre vielleicht eine lokale Verbesserung der Zustände erreichbar, in Syrien und dem Irak. Aber ich betone hier das VIELLEICHT - aber die anderen Konfliktherde bleiben bestehen und die Quelle des Terrorismus sowieso.
Der IS ist nur eine von vielen Gruppen, wenn auch aktuell die im Ausland auffälligste - aber es gibt noch viele andere, die, aktuell weniger im öffentlichen Fokus stehend, nicht weniger aktiv sind.
Sei es Boko Haram v.a. in Nigeria und Kamerun, die Al-Shabaab in Somalia und Kenia (die übrigens nahezu täglich Anschläge verübt, vor allem auf Christen in Kenia oder wie gerade gestern, von der Öffentlichkeit nahezu unbeachtet wieder in Somalia, auch mit vielen Toten), Abu Sayyaf auf den Philippinen, die gerade wieder erstarkenden Taliban in Afghanisten und Pakistan oder die weiter aktive Al-Quaida, die gerade vor allem im Jemen aktiv ist und so einige mehr.
Eine Chance auf eine Lösung des Problems wäre meiner Meinung nach nur eine islamische Aufklärung, eine Aufklärung, wie sie das Christentum durchlebt hat, die im Islam aber noch gänzlich fehlt.
Die aktuelle Situation ist durchaus mit den europäischen Religionskriegen, v.a. dem 30jährigen Krieg, vergleichbar - wenn auch in flächenmäßig deutlich größerem Ausmaß.
Allerdings ist eine Aufklärung auf Grund der Grundstruktur der islamischen Lehre weit schwerer, als dies im Christentum der Fall war, ich möchte an dieser Stelle jetzt nicht mehr dazu schreiben, warum ich das so sehe, das würde doch in zuviel Text ausarten - ich möchte dazu nur schreiben, dass ich nicht glaube, dass wir es noch erleben werden, keiner der heute lebenden Menschen, dass es zu einer solchen Aufklärung kommt, dafür ist die Zeit meiner Meinung nach noch nicht reif, wie das zeigte, was auf den "Arabischen Frühling" folgte.
Der nächste Punkt, auf den ich eingehen will, ist die immer wieder getroffene Aussage, dass die Terroristen nur eine absolute Minderheit seien und dass auch die, die ihrer Auslegung des Islam folgen, eine absolute Minderheit seien - dem möchte ich hier massiv widersprechen.
Natürlich sind diem Terroristen nur eine absolute Minderheit, deren Auslegung des Islam ist aber VIEL weiter verbreitet und in vielen Ländern ist diese radikale Auslegung (die aber gar nicht als radikal wahrgenommen wird) ganz ganz tief verankert.
Aus unserer lokalen Sicht mag die Annahme, nur eine absolute Minderheit würde diese Auslegung verinnerlicht haben, stimmen und bezogen auf die Muslime, mit denen wir selbst in der westlichen Welt bekannt oder befreundet sind, stimmt das sicher, aber einerseits gibt es auch bei uns massive Parallelgesellschaften zu denen wir keinen Zugang bekommen und aus denen wir sicher niemanden in unseren Freundeskreis bekommen werden und andererseits sind die Muslime, die bei uns hier leben ja nur ein Bruchteil der muslimischen Gemeinschaft.
In den arabischen Ländern, so behaupte ich, ist eine strenge Auslegung des Islam (die sich natürlich nicht immer in Gewalt äußern muss, sondern dies vor allem im gesellschaftlichen Alltagsleben tut) sogar in der Mehrheit - zumindest in einem Großteil der islamischen Länder, nicht nur in der arabischen Welt, sondern bis hin zum größten islamischen Land der Welt, Indonesien.
Und es sind dort auch keineswegs die nur die sozial Benachteiligten, bei denen das so ist - ein nicht zu vernachlässigender Teil der "Kämpfer" für die Einführung der Sharia als oberster Rechtsordnung in der indonesischen Provinz Aceh, die letztlich 2003 durchgesetzt wurde, rekrutierte sich aus der Mittel- und Oberschicht.
Und wenn wir einen Blick auf das werfen, was nach dem "Arabischen Frühling" passierte, wie war es denn, wenn es doch einmal zu Wahlen gab? Wer setzte sich durch? In Ägypten errang die faschistische Muslimbruderschaft die Mehrheit, in den palästinensichen Autonomiegebieten, schon vor dem "Arabischen Frühling" die Hamas, ein direkter Abkömmling der Muslimbruderschaft, in Tunesien die Ennahda etc.
Selbst in der Türkei ist es die AKP, die sich am auf ihrem Weg zur Macht (nach dem Verbot ihrer Vorgänger) zunächst moderat gab, aber nun immer mehr ihr wahres Gesicht zeigt mit jeder gewonnenen Wahl ein Stück radikaler wird, mit Erdogan als ihrem obersten Führer (auch wenn er der Verfassung nach nun als Präsident eigentlich überparteilich sein müsste), der immer gerne bei Gesprächen mit dem Westen den moderaten Politiker gibt, aber vor den eigenen Anhängern den Dichter Ziya Gökalp zitiert mit:
"Die Demokratie ist nur der Zug, auf den wir aufsteigen, bis wir am Ziel sind. Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette unsere Bajonette, die Kuppeln unsere Helme und die Gläubigen unsere Soldaten."
Das alles liegt meiner Meinung nach im Kern des Ideologie des Islam begründet, in der Tatsache, dass der Koran - im Gegensatz übrigens zum NT - als nicht-veränderbar gilt, weil er, wo fast jeder Christ, inkl. der katholischen Kirche, die größten Teile der Bibel als historisches Dokument sieht, als das zeitlos gültige, ja außerhalb von Zeit und Raum stehende, direkt von Gott herabgesandte Wort gilt.
Darüber hinaus kennt der Islam keine Zwei-Reiche-Lehre wie das Christentum ("mein Reich ist nicht von dieser Welt", "gebt dem Kaiser, was des Kaisers und dem Vater, was des Vaters") sondern sieht sich als umfassende Regelung des weltlichen UND jenseitigen Lebens seiner Anhänger an, was säkulare oder gar laizistische Staatsmodelle nahezu unmöglich macht.
Das einzige wirklich säkulare Land, das es innerhalb der islamischen Welt gab, die Türkei, konnte dies unter Atatürk nur unter einer massiven Einschränkung des Islams sein, nicht MIT dem Islam, sondern nur gegen den Islam - den Atatürk übrigens verabscheute!
Ein weiteres Problem ist es, dass das im Islam Mohammed als, ebenfalls außerhalb von zeitlichen Maßstäben gesehen, vorbildlichster und bester Mensch gilt, der je gelebt hat und je leben wird und dessen Leben nachzueifern das Ziel jedes Muslims sein sollte - wäre Mohammed nur ein Prophet, noch dazu ein friedlicher gewesen, wäre das kein Problem.
Das Leben Mohammeds macht es aber gerade dem IS und anderen radikalen Gruppen sehr sehr leicht, ihre Taten über sein Leben zu rechtfertigen - denn Mohammed war zu seinen Lebzeiten ein Kriegsherr, zunächst nur Prophet ok, aber nach seinem Wegzug aus Mekka verdingte er sich zunächst als Räuber entlang der Handelrouten aus dem Norden nach Mekka, dann, mit zunehmender Macht, als Eroberer und auch als extremer Hardliner gegenüber den Leuten, die seine Meinung nicht teilten.
Er hat durchschnittlich pro Jahr mehr als einen Krieg geführt, nahezu die ganze Ausbreitung des Islam unter ihm basierte nicht auf Mission, wie die frühe Ausbreitung des Christentums, sondern auf Kriegen.
Er hat, und genau das nimmt sich der IS immer wieder als Vorbild, mehrfach seine Gegner hinrichten, meist köpfen, lassen und sogar einen kompletten jüdischen Stamm in Yathrib (dem heutigen Medina), der sich ihm widersetzte, hinrichten lassen, zumindest jedes männliche Mitglied, die Frauen wurden den Anhängern Mohammeds als Sklaven gegeben - schaut man sich das Leben Mohammeds an, so ist es eine nahezu perfekte Blaupause für die Taten und das Vorgehen des IS.
Wäre Mohammed nun nur eine historische Gestalt von vor 1400 Jahren, wäre das weniger problematisch, aber da er bis heute, selbst unter moderaten Muslimenm als DAS zeitlose Vorbild, dem es nachzueifern gilt, dient, ist das ein massives Problem.
Selbst moderate Muslime tun sich sehr sehr schwer darin, Kritik oder eine historische-kritische Betrachung von Mohammed zuzulassen.
Zu guter letzt, weil der Vergleich mit den Kreuzzügen aufkam:
Die Kreuzzüge waren Gewalttaten und eine schreckliche Handlung des Christentums, keine Frage ABER, man muss sie auch in ihrem Zusammenhang sehen, die kamen ja nicht aus dem Nichts - sie waren eine direkte Folge der ebenso gewaltätigen Ausdehnung des Islams über den kompletten Nahen Osten, Nordafrika, die iberische Halbinsel bis hin nach Südfrankreich.
Darüber hinaus sind die Kreuzzüge nunmal ewig her und sie HEUTE noch, viele Jahrhunderte später als Rechtfertigung heranzuziehen ist doch etwas absurd, verglichen mit der Tatsache, dass wir Taten radikal-islamischer Gruppen HEUTE gegenüber stehen.
Was man, wenn überhaupt, viel eher als vergleichbar heranziehen kann, ist das extrem verbrecherische Vorgehen der Konquistadoren im Namen des Christentums und mit Rückendeckung der Kirche in Südamerika - aber selbst das ist schon Jahrhunderte her.