Um meine Ungeduld bis Mittwoch etwas zu überbrücken, habe ich versucht, einen kleinen Eindruck in den Arbeitsalltag im Emporium zu geben
Ein typischer Arbeitstag als Verkäufer im Disneyland Paris – Emporium
„Entschuldigen Sie, wo sind hier die nächsten Toiletten?“ - „Können Sie mir sagen, wo das Schloss ist?“ - „Ich renne schon seit fast einer Stunde auf der Main Street rum und habe immer noch keine Attraktionen gefunden!“ - „Jetzt war ich den ganzen Tag im Park unterwegs und ich habe nicht einmal Asterix gesehen, das nenne ich eine Unverschämtheit!“
Das Arbeiten als Verkäuferin ist nicht die schwierigste Angelegenheit. Aber Verantwortung trägt man in dieser Position natürlich im Besonderen – die Leser hier im Forum, die in diesem Beruf arbeiten, wissen was ich meine: Fehlt Geld in der Kasse, ist man zunächst erstmal selber schuld.
In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Arbeit als Vendeur oder Vendeuse im Disneyland Paris natürlich nicht besonders.
Der Tag fängt damit an, dass sich jeder zu Beginn einstempeln muss – und zwar genau auf Zeit. Steht im Planning, dass man um 13.32 Uhr beginnt, hat man auch genau um zwei Minuten nach halb zwei zu stempeln, alles andere wird böse geahndet. Dazu stehen einem im Emporium wenigstens zwei Stempeluhren zur Verfügung, denn es kann schon mal zu Engpässen kommen, wenn man zu den Hauptschichten beginnt: Mittags gegen halb 1 und am Abend die 18.01 Uhr Schicht. Zu diesen Uhrzeiten darf man sich besonders um das pünktliche Stempeln mit den Arbeitskollegen schlagen, wenn etwa 30 Leute gleichzeitig beginnen
Ein kurzer Blick auf die Tafeln im so genannten „Money Room“ verrät dem CM dann, wo er genau an diesem Tag arbeiten wird. Fünf Tafeln gibt es insgesamt.
Die ersten drei geben Auskunft über die einzelnen Kassen und Sektionen in der Boutique.
Bereich 1 bildet die Kassen rechts und links neben dem Eingang der rechts neben dem Eingang zur Liberty Arcade ist (im letzten Jahr alles, was man an Kleidung im Emporium kaufen konnte, bei Disney „Ready to wear enfant/adult“ genannt).
Der zweite Bereich besteht aus den Kassen in der Mitte der Boutique von der Main Street aus zu erreichen, zwei kleine Kassenblöcke mit je drei oder zwei Kassen, sowie noch einmal zwei Kassen direkt rechts neben einem Eingang – dieser Bereich umfasst die Küchenartikel (Tassen, Schüsseln, Gläser etc.), Snowglobes am Kassenblock und alles, was bei Disney unter den Namen „Media“ fällt – Stifte, Blöcke, Strohhalme usw.
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Bereich drei umfasst alles, was Spielzeug und Kostüme betrifft. Dafür stehen zwei große Kassenblöcke zur Verfügung.
Jede Kasse besitzt eine eigene Nummer, deshalb hört sich ein boutiqueninterner Anruf für den Besucher vielleicht das ein oder andere Mal etwas verwirrend an, wenn sich der CM mit den Worten meldet: „Hallo, hier spricht die 53“.
Anhand dieser drei Tafeln, auf denen die einzelnen Namen der CM auf der y-Achse stehen (um es etwas plastischer darzustellen), werden nun dahinter die Nummern der Kassen eingefügt, an denen man am Tag arbeiten wird. Auf der x-Achse stehen die Uhrzeiten, an denen man arbeitet, damit man weiß, von wann bis wann man an welcher Kasse steht.
Es gibt also die Möglichkeit, dass hinter dem eigenen Namen zum einen eine Zahl steht, das bedeutet, man steht an der Kasse.
Zum anderen könnte dort aber auch „F“ stehen, das bedeutet „Floor“ - auf dem Floor ist man für den Kunden zuständig, man läuft meistens mit Körben durch die Boutique, um dem Kunden eine Einkaufserleichterung zu bieten oder auch einfach auch nur um etwas aufzuräumen (vor allem während der Paraden, wenn wenig Besucher einkaufen) oder die Gäste zu beraten.
Eine weitere Möglichkeit ist das „L“, das steht für „Lunch“. Lunch dauert eine Stunde und ist natürlich die Mittagspause. Wenn man im Lunch ist, darf man sich ausschließlich backstage aufhalten und auch nur die onstage Wege zu den Kantinen benutzen, in die auch das eigene Kostüm passt.
Normalerweise darf es also nicht passieren, dass jemand mit einem Fantasyland Kostüm im Adventureland rumläuft, oder dass ein CM aus dem Discoveryland sich im Kostüm auf der Main Street aufhält. Der einzige „Mischbereich“ ist die Central Plaza vor dem Schloss – dort darf sich jeder CM in voller Montur sehen lassen (zudem ist man als Paradenabsperrung auch eine Ausnahme, aber das ist eine andere Geschichte
).
Die letzte Möglichkeit stellt ein kleines „B“ unterhalb eines „Fs“ oder einer Kassennummer dar. Das bedeutet, dass man in genau dieser Stunde seinen „Break“ hat, die 15 Minuten Pause.
In seltenen Fällen könnte dort auch ein „P“ für „Parade“ stehen, dann muss man auf die andere Seite der Main Street Backstage ins Timon Gebäude, um sich für einen Streckenabschnitt der Parade einteilen zu lassen.
Als kleines Beispiel: Man arbeitet von 9 Uhr bis 17 Uhr. Davon ist man von 9 bis 12 an der Kasse 76, in dem Kästchen von 11 Uhr steht unter der 76 ein kleines „B“, 13 Uhr steht „L“ und von 14-17 der Buchstabe „F“.
Man arbeitet also zunächst an der Kasse mit der Nummer 76 und hat zwischen 11 und 12 die 15 Minuten Pause, von 13 bis 14 Uhr Mittagspause und von 14 bis 17 Uhr arbeitet man auf dem Floor.
Ist man auf diesen drei Tafeln nicht namentlich verzeichnet, kommt Tafel Nr. 4 ins Spiel. Auf dieser Tafel sind alle Sektionen der Boutique aufgeschrieben. Steht man darauf, ist man den ganzen Tag für diese eine Sektion zuständig. Dann hat man die Aufgabe, die gesamten acht Stunden mit Zettel und Stift bewaffnet alles aufzuschreiben, was in der Boutique fehlt.
Ich habe in den letzten Wochen meiner Arbeit dort hauptsächlich für den Bereich „Ready to wear adult“ gearbeitet, war also hauptsächlich nur noch dafür zuständig. Man räumt zwischenzeitlich schon einmal etwas auf, sortiert die Ständer nach Größen, schreibt die Liste der fehlenden Sachen für den Stock (dazu später) und berät Gäste in allen Lebenslagen – ob ein Besucher nur die persönliche Meinung zur Farbe eines T-Shirts wissen möchte, eine bestimmte Größe eines Pullovers fehlt oder man tatsächlich auch in anderen Boutiquen anrufen muss, wenn der eigene Stock oder die gesamte Boutique tatsächlich nicht das gesuchte Kleidungsstück vorrätig hatte.
Der Vorteil bei dieser Arbeit: Man spricht sehr viel, steht viel mit den Kunden in Kontakt, kann sich etwas bewegen (Beine und Füße können bei 8 Stunden an der Kasse stehen sehr schmerzen
) und lernt eigentlich das gesamte Sortiment der eigenen Abteilung kennen.
Die letzte Tafel steht für die „besonderen“ Positionen in der Boutique. Dort ist der „Stocker 1“, der CM im „Money Room“ und die CM verzeichnet, deren ID freigeschaltet ist, um an diesem Tag besondere Kassensysteme zu öffnen.
Doch hierzu noch eine ausführliche Beschreibung:
Stocker 1: Der erste Stocker ist daran zu erkennen, dass er mit einem Telefon, das er um den Hals trägt, eigentlich den ganzen Tag telefoniert. Jede Kasse hat ein eigenes Telefon, um den Stocker im Notfall anzurufen. Ihn brauche ich, wenn kein freier CM auf dem Floor gerade in Sicht ist, aber ein Kunde etwas Bestimmtes sucht, was gerade nicht in der Boutique ist. Der Stocker 1 wird dann angerufen und ihm das fehlende bzw. gesuchte Produkt mitgeteilt und dessen Aufgabe ist es dann, so schnell wie möglich als erstes im Stock danach zu suchen, bzw. (falls wir es nicht haben), in anderen Boutiquen hinterlegen zu lassen. Immerhin: der Gast ist König und muss in jedem Fall zufrieden gestellt werden.
Nun steht man im Stock des Emporiums allerdings vor einem winzigen Problem: Da es die größte Boutique im Park ist, ist es auch der größte Stock. Als CM erreicht man ihn vor allem nur über den Aufzug vom so genannten „Stock du bas“ (dem kleinen Stock, in dem die wichtigsten und meistverkauftesten Produkte zwischengelagert werden) in den großen Stock. Dieser umfasst die gesamte erste Etage vom Emporium, er ist also riesig groß (zum Vergleich: Der Stock in den Hotelboutiquen ist eine winzige Abstellkammer).
Im Stock selber arbeiten sogannte „Stockeure“, die den ganzen Tag nichts anderes machen, als die Produkte der Boutique auszupacken, zu taggen (die mit Tinte gefüllten Sicherheitspins in die Produkte zu stechen) und in den Stock einzusortieren, damit der Stocker 1 der Boutique sie schnell findet.
Man muss sich also gut in diesem Stock auskennen, ich selber hab mich am Anfang das ein oder andere Mal dort oben verlaufen.
Es arbeiten also nicht nur die BoutiqueCM im Emporium, sondern auch die allgemeinen Stockeure, die allerdings wirklich nur für den Stock zuständig sind und sich selber in der Boutique nicht sehen lassen dürfen.
Money Room: Der Money Room ist der zentrale Geldumschlagsort in der Boutique. Der Money Room darf nur vom jeweiligen CM betreten werden, der an diesem Tag für ihn eingeteilt ist und es gibt nur eine kleine Glasscheibe, durch deren Öffnung man mit dem CM im Money Room kommunizieren kann. Der Raum selber ist abgeschlossen und wird nur im Notfall geöffnet, zum Beispiel, wenn die Taschen des „Shopping Service“ dort abgegeben werden.
Beginnt man den Arbeitstag an einer Kasse, muss man sich erst einmal an den Money Room wenden. Von dort erhält man seinen Kasseneinsatz mit 100 Euro Wechselgeld und einen Schlüssel für das Safefach, in dem die Kasse während der Mittagspause oder der Zeit, in der man auf dem Floor ist, eingesperrt wird.
Man zählt seine 100 Euro zunächst einmal durch, bestätigt, dass es genau hundert Euro sind, bedeckt die Kasse mit einer Metallauflage und wird von einem Teamleader zur Kasse geführt (die Kasse läuft immer voraus, damit man im Moment des möglichen Überfalls vom Begleitschutz „gerettet“ werden kann).
Diese 100 Euro sind zunächst ein recht hoher Betrag an Wechselgeld und geht man davon aus, dass die meisten Gäste auch mit Kreditkarte zahlen, ist es doch immer wieder lästig, wenn man gerade das Arbeiten begonnen hat und einer der ersten Kunde einen 5 Euro Betrag mit einem 50 Euro Schein zahlen möchte. In dieser Situation verärgert es die Besucher doch meistens, wenn man als CM höflich fragt, ob er es vielleicht auch mit einer kleineren Banknote bezahlen könnte, aber man muss eben versuchen, mit seinen 100 Euro Wechselgeld gut zu wirtschaften ;-)
Mir ist es allerdings auch so ergangen, dass ich es nach einiger Zeit raus hatte, wie ich Geld herausgeben muss bzw. nach was für Münzen ich fragen muss, damit ich nicht irgendwann in die Not gerate, kein Kleingeld oder keine Scheine mehr zum Wechseln zu haben - denn: die 100 Euro Wechselgeld werden innerhalb der Arbeitszeit auch wieder eingesammelt, wenn genügend Kunden schon an der Kasse gewesen sind.
Teamleader, Manager oder freigeschaltete ID: Immer wieder kommt es vor, dass Besucher Artikel kaufen, die ihnen ein paar Stunden später doch nicht mehr gefallen. In diesem Fall muss ich sie natürlich umtauschen. Das Problem ist nur: Die Kasse öffnet sich nur automatisch bei einer Transaktion, der normale CM kann seine Kasse nicht von allein öffnen (auch immer wieder ein Grund zum Ärgern für die Besucher, wenn sie Geld wechseln möchten. Aber daran können die CM wirklich nichts machen – die Kasse öffnet sich wirklich nur, wenn ein Kunde etwas gekauft hat).
Passiert es nun aber, dass die Kasse außerhalb eines Einkaufs geöffnet werden muss (zum Beispiel bei einem Umtausch), muss ein besonderer CM helfen. Das sind alle Teamleader oder der Manager selber oder eben ein Castmember, dessen ID extra dazu frei geschaltet ist. Dieser kann dann im Kassensystem besondere Dinge ausführen, wie eben einen Umtausch leiten, die Kasse im Störfall öffnen oder auch Artikel aus der Transaktion herausnehmen, die versehentlich zu viel eingescannt wurden.
Diesen CM muss man natürlich auch wieder erst anrufen und es kostet Zeit, weshalb man auch mit solchen Dingen die Besucher häufiger verärgert (besonders dann, wenn man durch eigenes Verschulden ihn anrufen muss – falsches einscannen z.B.), aber auch dafür kann man sich als CM nur entschuldigen – man kann einige Dinge eben nicht selber an der Kasse erledigen.
Hat man seine acht Stunden gearbeitet, zählt man seine Kasse backstage an einem Computer selber. Es besteht die Möglichkeit „even“ zu sein (also dass man +- 0 Euro am Ende rauskommt), „short“ (dann fehlt Geld) oder „over“ (wenn man Geld zu viel in der Kasse hat).
Das Problem bei Disney ist, dass bei den 100 Euro Wechselgeld keine 1 und 2 Centstücke vorhanden sind. Man muss also den Kunden fragen, ob er Beträge durch eigenes Kleingeld ausgleichen kann (aber die meisten Kunden haben dies meistens nicht) oder eben dem Kunden ein oder zwei Cent schenken und dadurch die Wahrscheinlichkeit eingehen, dass man am Ende nicht den richtigen Betrag in der Kasse hat.
Es ist also fast unmöglich, am Ende eines Arbeitstages „even“ zu sein, was aber auch weiterhin nicht schlimm ist, da Beträge bis zu 7 Euro Abweichung als „nicht schlimm“ gelten.
Mir ist es allerdings einmal passiert, dass mir genau 10 Euro in der Kasse gefehlt haben. Eigenes verschulden, ich muss einem Kunden scheinbar aus Versehen 10 Euro zu viel herausgegeben haben. Dann muss ein Teamleader den CM validieren und man bekommt einen Brief nach Hause geschickt, in dem noch einmal genau geschrieben steht, was passiert, wenn es mehr als dreimal im Monat passiert: Man wird gekündigt.
Wichtig ist, dass man sich auch wieder zum Ende des Arbeitstages zur genau angegebenen Uhrzeit ausstempelt. Hat man das gemacht, geht es nur noch ins Backstagegebäude „Imagination“, wo das „Costuming“ untergebracht ist und wo die Locker stehen, um sich vom CM wieder in einen normalen Menschen zu verwandeln und von wo aus es dann zum Bus nach Hause geht.
Oder zumindest sollten die Gäste verstehen, dass man trotz allem als CM immer noch Mensch ist, mit menschlichen Launen und leider nur menschlichen Fähigkeiten, auch wenn man natürlich immer alles für den Kunden tun würde.
Bei Disney gibt es zwei verschiedene Arten an Verträgen – CDDs (befristet) und CDIs (unbefristet). Als CDD hat man eine 12 tägige Probezeit, als CDI eine mehrmonatige.
Nach diesen 12 Tagen als CDD muss man in der Boutique eine Art Test absolvieren, bei dem man sein Können im Umgang mit dem Kassensystem, auf dem Floor und mit dem Kunden unter Beweis stellen muss.
Besonders in der Probezeit sollte man natürlich versuchen, die regelmäßigen Qualitätskontrollen von Disney gut zu bestehen.
Natürlich verstehe ich (immerhin war ich selber viele Jahre lang Gast im Park), dass man sich schlecht behandelt fühlt, wenn man ganz genau weiß, dass ein CM nicht alles getan hat, um meine Wünsche als Besucher zufrieden zu stellen, doch kann ich jetzt natürlich auch viel besser die Seite der CM verstehen, wenn sie wiederholt vielleicht etwas ruppig erscheinen.
Manche Gäste sind einfach unglaublich unverschämt, sodass man nicht direkt wieder umgeschaltet hat, wenn ein neuer Kunde vor einem steht.
Zum Beispiel hatte ich irgendwann einmal ein britisches Ehepaar an meiner Kasse. Sie packte die Artikel schnell auf meinen Tresen, da ich meine Kunden natürlich nicht lange warten lassen möchte und schnell einscanne. Aufgrund meines französischen Vornamens, der ja auch auf meinem Namensschild steht, haben viele Nicht-Franzosen gedacht, ich würde aus Frankreich kommen. Daher sagte dann der Mann zu seiner Frau auf Englisch (was ich ja als Französin angeblich nicht verstehen würde): „Du musst dich nicht zu beeilen, sie ist blond und kann das sowieso nicht.“ (Auf mich bezogen).
In solchen Augenblicken fragt man sich natürlich immer wieder gern, wie unverschämt ein Mensch eigentlich sein kann...
Oder man wird angeschrieen von einem spanischen Familienvater, wieso er den ganzen Tag noch nicht einmal Asterix im Disneyland gesehen hat.
In solchen Augenblicken heißt es dann nur: Freundlich bleiben, das aufkommende Lachen herunter schlucken und höflich darauf antworten, dass der Parc Astérix ein paar Ausfahrten früher auf der Autobahn gewesen wäre
Aber trotz solcher Vorfälle bin ich natürlich als CM in erster Linie selber dafür verantwortlich, jedem Kunden die gleiche Freundlichkeit entgegenzubringen, die ich mir auch selber als Gast wünschen würde.
Und ich glaube, dass ich das bisher sehr gut geschafft hab