Hallo, liebe MSE-Nachbarn,
ich habe zwar bisher nur bis Beitrag Nr: 31 gelesen, dennoch habe ich mir auch meine Gedanken zu den Kommentaren gemacht.
Zunächst: Im Großen und Ganzen sehe ich die Sache ähnlich wie Benetti, DerFranky und cahaya (das waaren die Beiträge, die mir am deutlichsten in Erinnerung geblieben sind, es gibt allerdings noch genügend andere, die sich gleicher Weise geäußert haben).
Ich kann allerdings auch diejenigen in gewisser Weise verstehen, die sich besorgt über die Entwicklung der Disney Parks äußern, denn auch ich sehe Gefahren in der aktuellen Entwicklung.
Doch der Reihe nach, ich hatte einen gewissen Gedankengang, den ich hier versuche strukturiert wiederzugeben:
Zunächst habe ich mich gefragt, ob die Entwicklung, mehr Film-Marken (oder wie es im allgemeinen Sprachgebrauch üblich gesagt wird: „IPs“ = Intellectual Properties) nun neu und ‚unerhört‘ sei. Dazu habe ich, als angehende ‚Disney-Historikerin‘ (ich bin noch im 101-Kurs, mausere mich jedoch zusehends), einen Blick auf das Disneyland von 1955 geworfen. Zur Eröffnung war der Park größtenteils mit „IP“-Attrationen gespickt. Auch sog. „Day-One“-Fahrgeschäfte wie Jungle Cruise, die zunächst als originär erscheinen, haben einen Film-Marken-Hintergrund, nämlich die Serie „True-Life-Adventures“, die Filme wie „Die Wüste lebt“ hervorbrachte (vgl.
Jungle Cruise - Wikipedia). Ebenso darauf basierte der „Mine-Train through nature‘s Wonderland“ (vgl.
Yesterland: Mine Train Through Nature's Wonderland). Eigentlich ist Frontierland als Ganzes stark von der damals populären Serie um Davy Crockett inspiriert. Auch die später eröffnete Achterbahn „Matterhorn Bobsleds“ ist eine IP gestützte Attraktion; Grundlage ist der Film „Third Man on the Mountain“ (vgl.
Things You Might Not Know About the Matterhorn at Disneyland Resort | Disney Parks Blog). Vom Fantasyland fange ich besser gar nicht an, denn hier ist es offensichtlich, dass es fast komplett auf IPs baut.
Bei Tomorrowland sieht es anders auch, doch auch hier wird offenbar, dass es anfangs wenig Attraktionen mit einer eigenständigen Geschichte gebaut wurden, es war mehr eine Ausstellung von entweder Fremdfirmen wie Monsatno ("The Home of the Future") oder von WED Eterprises (WED = Walter Elias Disney; die Firme, welche nun als Walt Disney Imagineering bekannt ist), die einen Blick auf zukünftige Lebenswelten werfen ("The Home of the Future" oder Transportmöglichkeiten von Morgen ("People Mover" oder die Monorail). Das Raketen-Karusell oder die Attraktion, die Besucher einen Flug zum Mond erleben lässt, haben diesen, ich nenne es hier "Showroom" aufgewertet.
Ein Einschub: Zu den geplanten Gondeln fällt mir hier gerade ein, dass der bereits abgerissene "Skyway to Tomorrowland" (vgl.
Yesterland: Skyway to Tomorrowland) quasi auch immer mitten im Weg stand innerhalb des Disneylands und die Umgebung mehr oder weniger 'verschandelte'.
Der Einsatz von Fahrgeschäften, die eine ganz eigene Geschichte besitzen kamen erst später hinzu und sind auch heute noch in der Minderheit. Spontan fallen mir ein: "The Enchanted Tiki Room", "Big Thunder Mountain", "Pirates of the Caribbean", "Haunted Mansion", "Submarine Voyage", "It's a small World".
Also komme ich zu dem Schluss, dass die Disneyparks schon seit Beginn immer stark auf die Benutzung von IPs gesetzt hat. Korrigiert mich aber bitte, wenn ich falsch liege. Außerdem
soll dies nicht zur Konterkarierung von thorroths und anderen, die sich kritisch der Entwicklung von WDW gegenüberstehen dienen, im Gegenteil. Ich sehe ja selbst Risiken und Gefahren.
Mir stellt sich in diesem Zusammenhang eine Frage: War es Walt Disneys Intention erst einmal auf IPs zu setzen, um später, wenn sich Disneyland etabliert hat, mehr "Original-Stories" zu implementieren oder sollte es immer stärker von IPs abhängig sein. Es ist müßig, hier eine valide Antwort zu geben, da ich die 'alten' Versionen von Disneyland und Disney World nie erlebt habe und aus der Perspektive eines absoluten Neuling schreibe. Also heißt es für mich: Hinein in das Reich der Spekulation. In diesem Zusammenhang möchte ich Walt selbst zitieren "As long as there is Imaginaton in the world, Disneyland will never be complete." Doch welche Vorstellungskraft wird hier bemüht? Ist es die Fantasie, die Rides wie "Pirates" oder "Expediion Everest" möglich machte Oder die Art von Vorstellungskraft, die IP-Rides wie "The many Adventures of Winnie Puh" oder "Ratatouille: The Adventure" erdachte? Ich weiß es nicht, doch ich sehe das Risiko, dass sich die Imagineers immer öfter auf die IPs verlassen und ich sag mal gedanklich 'faul' werden. Eine Attraktion wie "Frozen Ever After" ist zwar technisch kongenial, doch kreativ gesehen, passiert hier nicht viel außer einer Aneinanderreihung der schönsten Szenen aus "Frozen" selbst. nun lässt sich darüber streiten wie kreativ der "Maelstrom" vorher war, denn er macht auch 'nur' die Mythen Norwegens lebendig, aber von dem, was ich aus youtbe-Videos kenne, fühlt er sich 'origineller' an. Trotzdem hegt sich in mir ein Ungutes Gefühl, wenn ich sehe, wie immer mehr Fahrgeschäfte nun unter dem Einfluss von Film-Marken stehen (wie die geplante Guardians-of.the-Galaxy-Achterbahn in Future World oder der bereits realisierte Freefalltower "Guardians of the Galaxy: Mission Breakout"), dass es bald gar keinen Platz mehr für komplett neu ausgedachte Attraktionen gibt.
Allerdings, und hier mache ich die Kurve, ist Disney auch eine Firma, die den Geschmack möglichst vieler Besucher treffen muss, um langfristig am Ball bleiben zu können. Nehmen wir Disney Springs: Ich liebe die neue Gestaltung und auch wenn ich zu Downtown Disney selbst wenig weiß (mit der Historie habe ich mich noch nicht beschäftigt), mag ich diesen neuen architektonischen Stils und auch wenn man es nicht glauben mag, Disney Springs hat eine Hintergrundgeschichte bekommen, die wie folgt lautet: Mitte des 19. Jahrhunderts hat ein Viehzüchter die 'natrlichen Quellen (welche von den Imagineers angelegt wurden in Wirklichkeit) entdeckt und sich in Springs niedergelassen. Es kamen neue Siedler hinzu. Die Stadt ist architektonisch an die 1920er ngeehtn, doch man sieht noch Versatzstücke aus ihrer Gründerzeit: alte, nicht mehr benutzte landwirtschaftliche Geräte stehen neben einem verwitterten Schild. Die ursprüngliche Behausung des ersten Siedlers ist jetzt das Zuhause von "D-Luxe Burger". Einer alter Bahnhof ist das Heim zahlreicher Shops und man sieht noch Versatzstücke der alten Bahnstrecke, welche Springs mit anderen Städten der Umgebung verband. Also in soweit ist die Fantasie der Imagineers noch nicht ganz am Ende
Der neue Stil der 'Stadt' gefält mir persönlich sehr gut. Ich mag diesen reduzierten Look sehr gerne, auch wenn es mittlerweile sehr generisch wirkt, da fast alle Einkaufstädte (wie das Wertheim Village bei Würzburg oder die Festival Outlets in Mallorca) in ähnlicher Architektur gebaut sind (zumindest wenn ich mir die geistigen Bilder von vergangenen Besuchen dort vor
Augen führe, meine Erinnerung mag ich auch trügen). Außerdem mag ich die Livemusik, die an vielen Stellen von Disney Springs aufgeführt wird. Es fphlt sich fast wie ein mediterraner Marktplatz in einer lauen Sommernacht an.
Zu den Hotels: Auch hier gefallen mir die neuen, eher reduzierten Zimmer besser als das üppige, fast schon kitschige der früheren Zimmer (denke ich an Fotografien, die ich aus Coronado Springs oder Caribbean Beach Resort kenne). Ich finde, die Zimmer sollten gestalterisch schon zum Gesamt-Motiv der Resort-Hotels passen, doch sollten sie, um mir gut zu gefallen, nicht zu überladen sein. Für mich sind die Zimmer im Port Orleans (Riverside und French Quarter) hart an der Schmerzgrenze zum Kitsch, etwas mehr Minimalismus gefiele mir definitiv besser - aber das ist mehr persönlicher Geschmack. Ich kenne den neuen Turm bei Coronado Springs und das Riveria Resort beim Caribeean Beach uch nur aus den diversen Konzept-zeichnungen und Computer-Grafik-Modellen, doch mir gefällt sehr, was ich dort sehe und bin gespannt, wie es dann in echt rüberkommt.
Noch ein letzter Gedankengang, der mir unterdessen durch die Synapsen springt: Die Disney Company hat sich, seit sie nicht mehr in Familienhand liegt, zu einem typischen kapitalistischen Konzern entwickelt. Wo ich es der Führung von Michael Eisner noch anrechne, dass er (und sein Vize Frank Wells) noch begeistert war von frischen Ideen der Imagineers (wie WestCOT oder Discovery Bay - bzw. Port Disney) und sie letztlich nur wegen des Vetos aus der Finanzabteilung nicht realisieren konnte, habe ich das Gefühl, dass unter Bob Iger, bzw. eigentlich unter Bob Chapek, dem verantwortlichen Geschäftsführer (oder Vorstand? Was ist eigentlich genau ein "Chairman"), der Gedanke an schnellen Umsatz, Profitvermehrung und wie man möglichst hohe Dividenden an die Aktionäre ausschütten kann, festgesetzt hat. Zum Beispiel, dass nun Alkohol in fast jedem Park-Restaurant erlaubt ist, selbst wenn es von der Thematisierung des Parkbereichs (ich spiele auf Toystoryland und die Erwachsenen-Geränke in "Woody's Lunchbox" an) unpassend ist oder gegen Walts ursprüngliche Prinzipien (kein Alkohol im Magic Kingdom, aka Disneylan) verstößt. Ebenfalls das von vielen altgedienten Fans kritisierte "Nickel and Diming" (angekündigte Resort-Gebühren, bereits realisierte Parkgebühren in den Hotels) lässt den bitteren Beigeschmack zurück, dass Disney sich nicht mehr darauf konzentrieren will, eine möglichst magische "Guest Experience" mit kleinen Gimmicks und Goodies hier und da zu erreichen, was sie als Ferien-Ziel bisher gegenüber anderen Ferien-Gebieten hervorstehen ließ. Stattdessen wird darauf geschaut, möglichst viele Kosten einzusparen (bsplw. bei den Fahrgeschäften, bei denen künstlich längere Wartezeiten durch bewusste Personal-Kürzung und Weglassung von Bahnen geschaffen werden.) oder wie man mehr Geld aus den Taschen der Besucher (z.B.: Minnie-Vans oder die Offerte, dass man doppelt so viele Fastpasses buchen kann, wenn man im Hotel die Club-Level-Kategorie wählt) ziehen kann. Zumindest sind das die Beschwerden, die ich vor allem durch die Foren von "The DIS" kenne und die auch regelmäßig bei DIS Unplugged besprochen werden, um mal meine Quellen diesbezüglich zu nennen.
Ich glaube, das ist eine Entwicklung, die in vielen Unternehmen in den letzten Jahren stattfindet und mittlerweile (trarig aber wahr) 'normal' ist. Sie orientieren sich am Markt und wollen unter allen Umständen "wettbewerbsfähig" bleiben, auch wenn es merkwürdig erscheint, wenn einerseits regelmäßig Rekordumsätze und -gewinne vermeldet werden, dann jedoch an vielen Ecken die Kosten gedrückt werden, entweder zu Lasten des Personals oder der Qualität des Essens (auch hier wird in vielen Foren von "The DIS" diskutiert, dass in ehemals sehr guten Etablissements ein Qualitätseinbruch spürbar sei) und letztendlich zu Ungunsten für den Otto-Notmal-Besucher.
Ich will meine politische Gesinnung hier soweit wie möglich raus halten, doch ich frage mich, ob dieser Weg Disney gut tut. Wenn sie sich statt von der Masse der Themenparks und deren Preis-Leistungsverhältnissen abzusetzen, sich ihnen immer mehr angleichen, befürchte ich, ob das nicht irgendwann in einem Rückschlag endet. Andererseits wie viele Enttäuschte wenden sich von Disney ab, doch sehen sie in der anderen Richtung, in die sie blicken auch nur andere Mitbewerber, die sich im Benehmen kaum von dem 'neuen Disney' unterscheiden, und die auch jeden Mehrwert in barer Münze beglichen sehen wollen, um dann doch aus alter Tradition wieder in die bekannte Umgebung zurückzukehren, weil sie wenigstens noch etwas von der Nostalgie spüren, die sich in Rides wie "Carousel of Progress" oder dem "TTA People Mover" widerspiegeln und vielleicht doch noch mal das Glück haben, eine bisschen von dem gewohnten Pixie-Dust zu spüren.
Die neuen Besucher, die es gar ncht anders kennen, die wird es nicht stören. Die werden sich eher über die Kleinigkeiten, die es bei Disney noch on Top gibt, freuen und das gefühl von ganz viel "magic" mit nach Hause nehmen.
Ich weiß nicht, wie ich in Zukunft zu Disney stehe. Noch überwiegt die rosa Brille. doch auch ich bekomme angesichts der Meldungen, was mittlerweile kostenpflichtig ist und noch kostenpflichtig werden wird, Bauchschmerzen unn frage mich, ob sich Disney nun dem ganz normalen Bürger verschließt, dem sich Walt so nahe gefühlt hat und für den explizit er Disneyland einst erbaute.
Es heißt die Hoffnung stirbt zuletzt, und wenn ich auch sonst eher zur Melancholie und Schwermütigkeit neige, nehme ich die rosa Brille wieder auf und hoffe einfach, dass bald jemadn kommt, der sich auf Walts Philosophie besinnt und das Unternehmen auch gegen die Widerstände aus Controlling und der Aktionärsversammlung in eine andere, dem Kunden wohlwollende Richtung bewegt.