Natürlich entsteht ein gewisses Ungleichgewicht bzgl. der Gewichtung der Staaten, das ist aber auch so gewollt, damit die großen Staaten die kleinen nicht dauerhaft komplett marginalisieren können.
Ähnlich ist das in Frankreich bei der Wahl zum Senat, wo in den ländlichen Wahlkreisen die Wahlkreise bewusst weniger Einwohner haben, als die städtischen. Würde man die gleich groß machen, könnten die städtischen Einwohner pausenlos ihre Interessen gegenüber den ländlichen Einwohnern durchsetzen - was für das Land schlimm sein könnte, da sich sich Interessen von Stadt und Land oft unterscheiden.
Außerdem müssten sich die Politiker in ihrer Politik sonst, egal ob in den USA oder Frankreich oder wo auch immer, nur um die Interessen der städtischen Bevölkerung kümmern, nie um die der ländlichen.
In Deutschland ist das ja beim Bundesrat auch ähnlich, die Anzahl der Stimmen ist nicht proportional zur Einwohnerzahl, auch hier, um den kleinen Ländern eine Partizipation zu ermöglichen.
Besonders stark ist das im EU Parlament ausgestaltet, wo die kleinen Staaten massiv überrepräsentiert sind. Eine Wählerstimme aus Malte ist dadurch ungefähr 9x soviel wert, wie eine aus Frankreich und 12x so viel, wie eine aus Deutschland.
Auch das ist bewusst so und sinnvoll (ob in dieser extremen Ausprägung, darüber lässt sich streiten), denn sonst könnten die 3-4 größten Staaten quasi alle Abstimmungen unter sich ausmachen und die kleinen hätten im Parlament keinerlei Einfluss.
In Großbritannien ist es auch viel stärker ausgeprägt, denn jeder Wahlkreis stellt genau 1 Abgeordneten im Unterhaus, unabhängig von der Größe. Eine Gewichtung nach Einwohnerzahl gibt es da nicht, wenn man allerdings auch sagen muss, dass zumindest versucht wird, die Wahlkreise halbwegs vergleichbar zuzuschneiden.
Auch im demokratischen Musterland, der Schweiz ist es so. Bei landesweiten Volksabstimmungen muss ja in der Regel nicht nur die Mehrheit der Einwohner zustimmen, sondern auch die Mehrheit der Kantone muss mehrheitlich zustimmen.
Im Vergleich zu allen diesen Beispielen, Bundesrat, EU-Parlament, Unterhaus, französischer Senat, Schweizer Volksabstimmungen ist meines Wissens nach die Ungleichgewichtung der Stimmen der einzelnen Staaten der USA geringer. Nur beim französischen Senat bin ich mir nicht sicher.
Und würde ernsthaft jemand behaupten, der Bundesrat sei kein demokratisches Gremium? Großbritannien kein demokratisches Land? Die Schweiz auch nicht?
Warum dann aber das Electoral College der USA?
Wer eine komplette Gleichgewichtung möchte, der kann diese nur auf Kosten der jeweils kleinen bekommen. Zeichen einer Demokratie ist aber nicht nur, dass die Mehrheit gewinnt, sondern auch, dass auf die Belange der kleinen Rücksicht genommen wird, in föderalen Strukturen wie den USA und Deutschland oder auch der EU oder der Schweiz eben auch auf die Interessen der kleinen Gliedstaaten.
Were das abschaffen will, kann übrigens auch gleich die Minderheitenrechte abschaffen und alles nur nach der Mehrheit ausrichten, denn diese Rechte entspringen dem gleichen Grundgedanken gleichberechtigter Partizipation.
Und das alles gilt übrigens nicht nur in Mehrheitswahlsystemen!
Auch bei reinen Verhältniswahlsystemen ist das Stimmgewicht nicht immer exakt identisch, denn man könnte alleine schon rein mathematisch nur dann die Parlamente exakt gleich zu den Stimmanteilen besetzen, wenn sie viel viel größer wären, theoretisch müssten sie dafür sogar die selbe Anzahl an Mitgliedern haben, wie es Wähler gibt.
Denn 3,5 oder 27,8 Abgeordnete kann man nunmal nicht machen...
In Deutschland kommt trotz des personalisierten Verhältniswahlrechtes auch noch dazu, dass sehr viele Stimmen gar kein Gewicht haben, nämlich alle die derjenigen die Parteien gewählt haben, die unter der 5% Hürde landen - bei der letzten Bundestagswahl sind dadurch quasi 14,8% der Wählerstimmen am Ende ohne jedes Gewicht gewesen.