Reto
hat seit Jahren ne Jahreskarte fürs MSE
Die Schweiz und ich verharren im Lockdown, das gibt mir Zeit, hier endlich mal wieder einen Reisebericht zu verfassen. Diesmal aber ohne Disney. Also eigentlich fast ohne, denn knapp vor dem Beginn dieser weltweiten Katastrophe konnte ich mir einen Traum erfüllen und endlich mal dorthin reisen, wo Simba leben würde, wenn es ihn denn in real geben würde: In die Nationalparks von Kenya. Hauptziel war natürlich, zum ersten Mal in meinem Leben wilde Löwen zu sehen, nachdem ich bereits 2x in Südafrika, dort aber lediglich in einem Drive-Through Safaripark aufgehalten habe.
Die eigentliche Idee zu dieser spezifischen Reise hatte allerdings nicht ich, sondern ein guter Furry-Kollege aus Seattle - uns verbindet nicht nur dieses Hobby, sondern eben auch die Liebe zu Disney, Lion King und damit verbunden natürlich der Wunsch, die uns in TLK dargebotene Szenerie mal möglichst in echt zu erleben.
Gebucht haben wir uns dann dieses Angebot hier über die Tourradar-Website: 6 Days Masai Mara - Nakuru - Amboseli by Bigmac Africa Safaris - TourRadar
6 Tage Safari durch die Masai Mara, den Lake Nakuru und den Amboseli-Nationalpark, geführt ab/bis Nairobi zum Preis knapp über €1000, Unterkünfte, Transport und Mahlzeiten inbegriffen.
Oben drauf kamen natürlich noch die Flüge. Während mein netter Kollege Tim aus Seattle ein Angebot mit Lufthansa für nur gut $600 nachgeworfen bekam (Routing: Seattle-Frankfurt-Nairobi und Nairobi-Addis Abeba-Frankfurt-Seattle) habe ich auch zuerst überlegt, ab Zürich via Frankfurt zu reisen, so dass wir auf demselben Flug in NBO einschweben könnten. Schlussendlich habe ich mich dann aber doch für den Flug von Swiss entschieden, der vor Corona 6x wöchentlich im Muster Zürich-Nairobi-Dar es Salaam-Zürich operierte. Hinflug also nonstop, retour dann mit kurzem Transitstop in DAR.
Der Flug war erstaunlicherweise günstiger, als der Umweg via FRA, aber CHF 750 musste ich dann doch noch hinblättern, dies noch knapp vor den Schweizer Schulferien im Februar. Während Kollege Tim also mehr als doppelt so weit zu fliegen hatte, hat er doch deutlich weniger bezahlt. Macht aber nichts, denn angesichts meiner Behinderung, die mich auf Sondennahrung angewiesen sein lässt und der Fakt, dass ich zum ersten Mal in ein Drittweltland gereist bin, wollte ich das Risiko eines Gepäckverlustes möglichst minimieren.
Etwas fehlte noch: Das Hotel für die erste Nacht in Nairobi. Da die Flüge aus Europa fast alle abends reinkommen, starten die Safaris in aller Regel am Vormittag. Wir haben uns via Booking.com das Four Points by Sheraton NBO Airport reserviert. Mit 200+ CHF pro Nacht fürs Doppelzimmer so ziemlich die teuerste Unterkunft in der kenianischen Hauptstadt. Wir hatten aber nicht gross Lust, uns spätabends in ein halbwegs seriöses Taxi hineinargumentieren zu müssen, welches uns durch den katastrophalen Verkehr Richtung Downtown schaukelt, zumal ja die Safari bereits am nächsten Morgen um 6 Uhr starten sollte.
Los gings am Morgen des 7. Februar 2020, wie immer für mich am Flughafen Zürich. Der A330-300 HB-JHN stand am Terminal E nach einer durchgefrorenen Nacht bereit, um mich als Flug LX 294 nach NBO zu fliegen. Da ich etwas zu früh dran war, habe ich mir ein bisschen frische Luft auf der für Passagiere zugänglichen Terrasse auf dem Terminaldach gegönnt, mit Sicht auf mein Flugzeug.
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Ein solch reichhaltiges Interkontinental-Angebot wird mir jetzt wohl auf längere Zeit hinaus verwehrt bleiben.
Zurich Airport by R. Kurmann, on Flickr
Der Flug nach NBO und DAR war unbestritten die exotischste Destination im Swiss-Streckennetz. Schweizer waren die Minderheit an Bord, da der Flug schön strategisch in die 10 Uhr-Welle positioniert war, kamen die meisten Passagiere von den 8 Uhr-Ankünften aus den USA, gefühlt hauptsächlich Amerikaner mit afrikanischen Vorfahren auf Familienbesuch.
LX 294 konnte an diesem Tag volles Haus vermelden, wir waren auch pünktlich bereit, nur dem Entertainment-System bekam die eiskalte Nacht auf dem Vorfeld offenbar nicht gut. Technische Probleme liessen die Bildschirme schwarz bleiben. Wir wurden während der Wartezeit aber gut informiert, dass die Maintenance nun dran sei, das Problem zu erörtern. Nach 40 Minuten erfolglosen Neustart-Versuchen sprach dann der Captain ein Machtwort und hat entschieden, ohne das IFE abzufliegen, da ein Flugzeugwechsel bedeutet hätte, dass es an diesem Tag nichts mehr geworden wäre mit dem Flug nach NBO. Das Flugzeug muss ja nach dem Kehr in DAR innerhalb einer bestimmten Frist wieder in ZRH sein, damit der gesamte Umlauf mit nur einer Maschine geflogen werden kann.
Also gings dann irgendwann nach 10:30 Uhr doch noch los, mit schwarzen Bildschirmen, einer Safety Demo von Hand und einem Schuss 80 Grad heisses Glykol auf die Tragflächen. Mein 100. Flug startet mit meiner ersten Enteisung. Interessant zu beobachten: Der Truck wird ausschliesslich von der kleinen Kabine am Sprüharm gesteuert, im Führerhaus sitzt niemand! Das dürfte ein sehr gutes räumliches Vorstellungsvermögen bedingen, um da ja nirgends gegenzufahren.
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Zusammen mit den Langstrecken nach JFK und MIA reihen wir uns ein für den Start und sind dann kurze Zeit später in der Luft und lassen die Schweizer Komfortzone und den Flughafen Zürich hinter uns.
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Auf dem Weg zum verspäteten Start wurde durchgesagt, dass man das IFE während dem Flug versuchen werde, neu zu starten, was sich dann aber bis zum Schluss als erfolglos herausstellen sollte.
Nun gut, das beste IFE sind eh die vorbeiziehenden Landschaften und in der Regel nutze ich eh die nur die Airshow, um den Flugweg zu verfolgen. Es ging zuerst gerade Richtung Osten über die Ostschweiz, St. Gallen, Bregenz, über die Vorarlberger und Tiroler Aplen, dort wurde dann Kurs Richtung Südosten eingeschlagen, über Maribor in Slowenien, hinein nach Kroatien, dann entlang der Adriaküste vorbei an Montenegro, entlang an Albanien mit guter Sicht auf die Hauptstadt Tirana und weiter durch die Ägais. Kreta wurde über einer geschlossenen Wolkendecke überflogen, erst mit Erreichen der ägyptischen Küste wurde die Sicht wieder klar. Verkehr hat es in dieser Gegend wenig, aber über dem Sudan kreuzen wir in Sekundenschnelle eine AUA-Boeing 777-200 auf dem Weg von Mauritius nach Wien, auf fast gleicher Höhe vor meinem Fenster, leider etwas zu schnell, um mit der Kamera zu reagieren.
Tiroler Alpen:
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Tirana, Albanien:
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Lake Nasser an der ägyptisch-sudanesischen Grenze:
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Economy Class bei Swiss im A330-300:
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Danach wurde noch ein kurzes Stück Äthiopien überflogen, bereits in der Dunkelheit. Da das IFE sich wie gesagt nicht wieder starten liess, hielt man das vor dem Start abgegebene Versprechen ein und verteilte nach dem letzten Meal Service Gutscheine für sämtliche Passagiere. Für jeden Gast in der Economy gabs 50 CHF, in der Business 200 CHF und in der First 300 CHF. Die Gutscheine können innerhalb eines Jahres für einen Einkauf im Swiss Shop oder einen zukünftigen Flug mit Swiss angerechnet werden. Ich werde dies aber angesichts der dramatischen Situation aber aus Solidarität zu meiner nationalen Airline unterlassen, man kann froh sein, dass die hoffentlich überleben wird und auch in Zukunft ein, wenn auch vermutlich deutlich kleineres Langstreckennetz aus der kleinen Schweiz heraus anbieten wird. So Spässe wie direkt nach Ostafrika fliegen dürften aber sicher mal auf längere Zeit gestorben sein.
Nairobi wurde überflogen, über dem Nairobi Nationalpark wurde für den Endanflug auf Piste 6 links eingedreht, bevor die Parkbremse unseres A330-300 nach 7 Std. und 55 Minuten mit 40-minütiger Verspätung kurz vor 20:30 Uhr an Gate 10 des Jomo Kenyatta Intl. Airports gesetzt wurde. Willkommen in einer anderen Welt! Fluggastbrücke war dort offenbar "mal wieder" (O-Ton Crew) kaputt, deshalb wurde die gesamte Economy gebeten, ganz hinten via Tür 4L auszusteigen. Achtung: Boarding Pass auf diesem Flug nicht wegwerfen, die FAs kontrollieren an der Tür, wer nur bis Nairobi gebucht ist. Wer bis Dar es Salaam fliegt, bleibt während der Bodenzeit in Nairobi an Bord.
Türe auf, Treppe runter, entlang des Flugzeuges nach vorne marschiert, dort wartete ein moderner, deutscher Cobus, der hinüber zu Halle 1E fuhr, wo man rausgelassen wurde. Erste Amtshandlung: Fieber messen, das war wohl nicht nur wegen Corona, denn Afrika hat schon Übung mit solchen Sachen seit Ebola. Das wurde aus der Distanz von einer bemundschutzten Person mit einem Infrarot-Thermeter auf die Stirn gerichtet erledigt.
Bitte an kenianischen Flughäfen äusserst diskret fotografieren oder filmen, der Ground Staff ums Flugzeug herum war sichtlich angespannt, wenn man auch nur schon eine Kamera oder Handy sichtbar in der Hand hatte. Ein Schnappschuss ist mir aus dem Bus heraus gelungen.
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Weiter in eine karge Halle mit Baumarkt-Charme für die Immigration, die geht in Kenya momentan so:
Irgendwann spät im Flug hat Swiss zwei Formulare ausgeteilt. Beide(!) sind zwingend auszufüllen, auch wenn vorgängig das Visum für Kenya elektronisch beantragt wurde! Wir sind in Afrika.
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Auch ich habe mein Einreisevisum elektronisch beantragt und es empfiehlt sich, dies mehrere Wochen vor Abflug zu tun. Es dauerte bei mir 12 Werktage, bis ich die Confirmation hatte. Nachschauen muss man selber in dem Online-System, es kommen keine Mails, wenn sich der Status verändert.
Das E-Visa könnt ihr via die offizielle Website der kenianischen Behörden beantragen: https://accounts.ecitizen.go.ke/register
Wichtig: Es kommt immer mal wieder vor, dass es die kenianischen Behörden selbst bis zum Abflugdatum nicht schaffen, das Visum zu bewilligen. So erging's offenbar vielen, wenn man Tripadvisor durchforstet und auch mein Kollege Tim hatte bis zum Abflug keine Bestätigung. Bitte keine Panik, ihr könnt dennoch fliegen. Wichtig ist aber, dass ihr die Payment Confirmation, die das System generiert, ausgedruckt auf Papier dabei habt! Das ist dann vor dem sich in die Schlange stellen vorzuweisen, man weist euch dann ein oder nimmt euch kurz ins Büro, um die Daten zu verifizieren, bevor man euch in eine der beiden Schlangen zuteilt. Es wird aufgeteilt zwischen Visa bereits beantragt und Visa On Arrival. Letzteres ist sowohl in Nairobi, als auch Mombasa noch immer möglich (Stand Februar 2020), zu beachten ist hierfür aber, dass die Gebühr (€50, $50) passend bezahlt werden muss! Lokalwährung oder Kreditkarten nehmen sie nicht, denn so holt man sich Devisen ins Land.
Klappte alles ganz gut und auch die Wartezeiten lagen mit 15 Minuten im erträglichen Bereich. Wir waren der einzige Flug zu diesem Zeitpunkt und ich war sogar recht weit hinten, als der Bus die Leute in die Halle ausgeleert hat. Ich wurde zu meiner Safari befragt, was aber keine Hexerei war und schon war der Stempel im Pass. Die beiden im Flug ausgefüllten Formulare wurden studiert, abgestempelt und dann einbehalten. Auf dem Gepäckband drehte mein Koffer auch schon die Runden. In der kargen Halle findet man noch paar kleine Booths für Money Exchange oder Simkarten, ansonsten NICHTS! Beim Zollausgang musste der Koffer nochmals durchleuchtet werden, ansonsten durfte ich aber ohne Kontrolle oder Fragen durch. Schon steht man draussen auf einer Art Vorplatz, ein Café befindet sich daneben und wie in solchen Ländern üblich, ist auch die Taximafia recht aktiv und vor allem als First-Timer in einem solchen Land ist es relativ schwer zu sagen, wer da wirklich seriös ist und wer nicht.
Seriös sind auf jeden Fall die Leute mit den Hotelschildern in der Hand. Die spricht man einfach an. Per Handy zitieren die dann jemand mit einem Auto vorbei, da innerhalb des Flughafenareals grosse Fahrzeuge wie Vans nicht gerne gesehen sind wegen der Terrorgefahr.
Ich hatte etwas Zeit und war gar nicht so unglücklich, dass ich nun fast eine Stunde Verspätung zum Zeitplan hatte, denn das bedeutete weniger Wartezeit, bis die Lufthansa aus Frankfurt mit Tim an Bord landen würde, die mit einigem Abstand hinter der Swiss hergeflogen ist und um 21:30 landete, was ich auf dem Flugradar gespannt verfolgt habe. Somit ist das auch schön verteilt, wenn Lufthansa kommt, sind die Swiss-Passagiere im Regelfall bereits komplett durch die Immigration. Dennoch brauchte Tim aber ewig länger als ich. Es gab offenbar ein Problem mit der Gepäckausgabe. Sein Koffer kam, aber erst nach 50 Minuten und mehreren Pausen.
Der Transfer ins Sheraton klappte, vorgebucht haben wir den aber nicht, sondern eben einfach den Typen mit dem entsprechenden Schild in der Hand angesprochen. Nach 5 Minuten Fahrt waren wir dort. Wie üblich in Nairobi steht vor jedem Hoteleingang ein Metalldetektor und das Gepäck wird ebenfalls durchleuchtet. Es ist schon nach 23 Uhr, somit gut 3 Std. seit meiner Landung, als wir unser Doppelzimmer mit dem wohl breitesten Doppelbett ever erreichen und ins Bett fallen. Auszusetzen gibts hier nichts, es ist eines der wenigen westlichen, modernen Hotels, wenn man mal von Kenya's Küste absieht. Sauber, Klimaanlage funktionierte auch, das Bad ebenfalls OK. Eine letzte Nacht im Komfort, bevor es dann definitiv aus der Komfortzone geht.
Four Points by Sheraton Nairobi Airport by R. Kurmann, on Flickr
Four Points by Sheraton Nairobi Airport by R. Kurmann, on Flickr
Für Aviatikfreaks habe ich noch meinen üblichen, sehr ausführlichen Flugtripreport:
Die eigentliche Idee zu dieser spezifischen Reise hatte allerdings nicht ich, sondern ein guter Furry-Kollege aus Seattle - uns verbindet nicht nur dieses Hobby, sondern eben auch die Liebe zu Disney, Lion King und damit verbunden natürlich der Wunsch, die uns in TLK dargebotene Szenerie mal möglichst in echt zu erleben.
Gebucht haben wir uns dann dieses Angebot hier über die Tourradar-Website: 6 Days Masai Mara - Nakuru - Amboseli by Bigmac Africa Safaris - TourRadar
6 Tage Safari durch die Masai Mara, den Lake Nakuru und den Amboseli-Nationalpark, geführt ab/bis Nairobi zum Preis knapp über €1000, Unterkünfte, Transport und Mahlzeiten inbegriffen.
Oben drauf kamen natürlich noch die Flüge. Während mein netter Kollege Tim aus Seattle ein Angebot mit Lufthansa für nur gut $600 nachgeworfen bekam (Routing: Seattle-Frankfurt-Nairobi und Nairobi-Addis Abeba-Frankfurt-Seattle) habe ich auch zuerst überlegt, ab Zürich via Frankfurt zu reisen, so dass wir auf demselben Flug in NBO einschweben könnten. Schlussendlich habe ich mich dann aber doch für den Flug von Swiss entschieden, der vor Corona 6x wöchentlich im Muster Zürich-Nairobi-Dar es Salaam-Zürich operierte. Hinflug also nonstop, retour dann mit kurzem Transitstop in DAR.
Der Flug war erstaunlicherweise günstiger, als der Umweg via FRA, aber CHF 750 musste ich dann doch noch hinblättern, dies noch knapp vor den Schweizer Schulferien im Februar. Während Kollege Tim also mehr als doppelt so weit zu fliegen hatte, hat er doch deutlich weniger bezahlt. Macht aber nichts, denn angesichts meiner Behinderung, die mich auf Sondennahrung angewiesen sein lässt und der Fakt, dass ich zum ersten Mal in ein Drittweltland gereist bin, wollte ich das Risiko eines Gepäckverlustes möglichst minimieren.
Etwas fehlte noch: Das Hotel für die erste Nacht in Nairobi. Da die Flüge aus Europa fast alle abends reinkommen, starten die Safaris in aller Regel am Vormittag. Wir haben uns via Booking.com das Four Points by Sheraton NBO Airport reserviert. Mit 200+ CHF pro Nacht fürs Doppelzimmer so ziemlich die teuerste Unterkunft in der kenianischen Hauptstadt. Wir hatten aber nicht gross Lust, uns spätabends in ein halbwegs seriöses Taxi hineinargumentieren zu müssen, welches uns durch den katastrophalen Verkehr Richtung Downtown schaukelt, zumal ja die Safari bereits am nächsten Morgen um 6 Uhr starten sollte.
Los gings am Morgen des 7. Februar 2020, wie immer für mich am Flughafen Zürich. Der A330-300 HB-JHN stand am Terminal E nach einer durchgefrorenen Nacht bereit, um mich als Flug LX 294 nach NBO zu fliegen. Da ich etwas zu früh dran war, habe ich mir ein bisschen frische Luft auf der für Passagiere zugänglichen Terrasse auf dem Terminaldach gegönnt, mit Sicht auf mein Flugzeug.
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Ein solch reichhaltiges Interkontinental-Angebot wird mir jetzt wohl auf längere Zeit hinaus verwehrt bleiben.
Zurich Airport by R. Kurmann, on Flickr
Der Flug nach NBO und DAR war unbestritten die exotischste Destination im Swiss-Streckennetz. Schweizer waren die Minderheit an Bord, da der Flug schön strategisch in die 10 Uhr-Welle positioniert war, kamen die meisten Passagiere von den 8 Uhr-Ankünften aus den USA, gefühlt hauptsächlich Amerikaner mit afrikanischen Vorfahren auf Familienbesuch.
LX 294 konnte an diesem Tag volles Haus vermelden, wir waren auch pünktlich bereit, nur dem Entertainment-System bekam die eiskalte Nacht auf dem Vorfeld offenbar nicht gut. Technische Probleme liessen die Bildschirme schwarz bleiben. Wir wurden während der Wartezeit aber gut informiert, dass die Maintenance nun dran sei, das Problem zu erörtern. Nach 40 Minuten erfolglosen Neustart-Versuchen sprach dann der Captain ein Machtwort und hat entschieden, ohne das IFE abzufliegen, da ein Flugzeugwechsel bedeutet hätte, dass es an diesem Tag nichts mehr geworden wäre mit dem Flug nach NBO. Das Flugzeug muss ja nach dem Kehr in DAR innerhalb einer bestimmten Frist wieder in ZRH sein, damit der gesamte Umlauf mit nur einer Maschine geflogen werden kann.
Also gings dann irgendwann nach 10:30 Uhr doch noch los, mit schwarzen Bildschirmen, einer Safety Demo von Hand und einem Schuss 80 Grad heisses Glykol auf die Tragflächen. Mein 100. Flug startet mit meiner ersten Enteisung. Interessant zu beobachten: Der Truck wird ausschliesslich von der kleinen Kabine am Sprüharm gesteuert, im Führerhaus sitzt niemand! Das dürfte ein sehr gutes räumliches Vorstellungsvermögen bedingen, um da ja nirgends gegenzufahren.
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Zusammen mit den Langstrecken nach JFK und MIA reihen wir uns ein für den Start und sind dann kurze Zeit später in der Luft und lassen die Schweizer Komfortzone und den Flughafen Zürich hinter uns.
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Auf dem Weg zum verspäteten Start wurde durchgesagt, dass man das IFE während dem Flug versuchen werde, neu zu starten, was sich dann aber bis zum Schluss als erfolglos herausstellen sollte.
Nun gut, das beste IFE sind eh die vorbeiziehenden Landschaften und in der Regel nutze ich eh die nur die Airshow, um den Flugweg zu verfolgen. Es ging zuerst gerade Richtung Osten über die Ostschweiz, St. Gallen, Bregenz, über die Vorarlberger und Tiroler Aplen, dort wurde dann Kurs Richtung Südosten eingeschlagen, über Maribor in Slowenien, hinein nach Kroatien, dann entlang der Adriaküste vorbei an Montenegro, entlang an Albanien mit guter Sicht auf die Hauptstadt Tirana und weiter durch die Ägais. Kreta wurde über einer geschlossenen Wolkendecke überflogen, erst mit Erreichen der ägyptischen Küste wurde die Sicht wieder klar. Verkehr hat es in dieser Gegend wenig, aber über dem Sudan kreuzen wir in Sekundenschnelle eine AUA-Boeing 777-200 auf dem Weg von Mauritius nach Wien, auf fast gleicher Höhe vor meinem Fenster, leider etwas zu schnell, um mit der Kamera zu reagieren.
Tiroler Alpen:
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Tirana, Albanien:
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Lake Nasser an der ägyptisch-sudanesischen Grenze:
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Economy Class bei Swiss im A330-300:
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Danach wurde noch ein kurzes Stück Äthiopien überflogen, bereits in der Dunkelheit. Da das IFE sich wie gesagt nicht wieder starten liess, hielt man das vor dem Start abgegebene Versprechen ein und verteilte nach dem letzten Meal Service Gutscheine für sämtliche Passagiere. Für jeden Gast in der Economy gabs 50 CHF, in der Business 200 CHF und in der First 300 CHF. Die Gutscheine können innerhalb eines Jahres für einen Einkauf im Swiss Shop oder einen zukünftigen Flug mit Swiss angerechnet werden. Ich werde dies aber angesichts der dramatischen Situation aber aus Solidarität zu meiner nationalen Airline unterlassen, man kann froh sein, dass die hoffentlich überleben wird und auch in Zukunft ein, wenn auch vermutlich deutlich kleineres Langstreckennetz aus der kleinen Schweiz heraus anbieten wird. So Spässe wie direkt nach Ostafrika fliegen dürften aber sicher mal auf längere Zeit gestorben sein.
Nairobi wurde überflogen, über dem Nairobi Nationalpark wurde für den Endanflug auf Piste 6 links eingedreht, bevor die Parkbremse unseres A330-300 nach 7 Std. und 55 Minuten mit 40-minütiger Verspätung kurz vor 20:30 Uhr an Gate 10 des Jomo Kenyatta Intl. Airports gesetzt wurde. Willkommen in einer anderen Welt! Fluggastbrücke war dort offenbar "mal wieder" (O-Ton Crew) kaputt, deshalb wurde die gesamte Economy gebeten, ganz hinten via Tür 4L auszusteigen. Achtung: Boarding Pass auf diesem Flug nicht wegwerfen, die FAs kontrollieren an der Tür, wer nur bis Nairobi gebucht ist. Wer bis Dar es Salaam fliegt, bleibt während der Bodenzeit in Nairobi an Bord.
Türe auf, Treppe runter, entlang des Flugzeuges nach vorne marschiert, dort wartete ein moderner, deutscher Cobus, der hinüber zu Halle 1E fuhr, wo man rausgelassen wurde. Erste Amtshandlung: Fieber messen, das war wohl nicht nur wegen Corona, denn Afrika hat schon Übung mit solchen Sachen seit Ebola. Das wurde aus der Distanz von einer bemundschutzten Person mit einem Infrarot-Thermeter auf die Stirn gerichtet erledigt.
Bitte an kenianischen Flughäfen äusserst diskret fotografieren oder filmen, der Ground Staff ums Flugzeug herum war sichtlich angespannt, wenn man auch nur schon eine Kamera oder Handy sichtbar in der Hand hatte. Ein Schnappschuss ist mir aus dem Bus heraus gelungen.
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Weiter in eine karge Halle mit Baumarkt-Charme für die Immigration, die geht in Kenya momentan so:
Irgendwann spät im Flug hat Swiss zwei Formulare ausgeteilt. Beide(!) sind zwingend auszufüllen, auch wenn vorgängig das Visum für Kenya elektronisch beantragt wurde! Wir sind in Afrika.
SWISS Airbus A330-300 HB-JHN LX 294 Zurich-Nairobi by R. Kurmann, on Flickr
Auch ich habe mein Einreisevisum elektronisch beantragt und es empfiehlt sich, dies mehrere Wochen vor Abflug zu tun. Es dauerte bei mir 12 Werktage, bis ich die Confirmation hatte. Nachschauen muss man selber in dem Online-System, es kommen keine Mails, wenn sich der Status verändert.
Das E-Visa könnt ihr via die offizielle Website der kenianischen Behörden beantragen: https://accounts.ecitizen.go.ke/register
Wichtig: Es kommt immer mal wieder vor, dass es die kenianischen Behörden selbst bis zum Abflugdatum nicht schaffen, das Visum zu bewilligen. So erging's offenbar vielen, wenn man Tripadvisor durchforstet und auch mein Kollege Tim hatte bis zum Abflug keine Bestätigung. Bitte keine Panik, ihr könnt dennoch fliegen. Wichtig ist aber, dass ihr die Payment Confirmation, die das System generiert, ausgedruckt auf Papier dabei habt! Das ist dann vor dem sich in die Schlange stellen vorzuweisen, man weist euch dann ein oder nimmt euch kurz ins Büro, um die Daten zu verifizieren, bevor man euch in eine der beiden Schlangen zuteilt. Es wird aufgeteilt zwischen Visa bereits beantragt und Visa On Arrival. Letzteres ist sowohl in Nairobi, als auch Mombasa noch immer möglich (Stand Februar 2020), zu beachten ist hierfür aber, dass die Gebühr (€50, $50) passend bezahlt werden muss! Lokalwährung oder Kreditkarten nehmen sie nicht, denn so holt man sich Devisen ins Land.
Klappte alles ganz gut und auch die Wartezeiten lagen mit 15 Minuten im erträglichen Bereich. Wir waren der einzige Flug zu diesem Zeitpunkt und ich war sogar recht weit hinten, als der Bus die Leute in die Halle ausgeleert hat. Ich wurde zu meiner Safari befragt, was aber keine Hexerei war und schon war der Stempel im Pass. Die beiden im Flug ausgefüllten Formulare wurden studiert, abgestempelt und dann einbehalten. Auf dem Gepäckband drehte mein Koffer auch schon die Runden. In der kargen Halle findet man noch paar kleine Booths für Money Exchange oder Simkarten, ansonsten NICHTS! Beim Zollausgang musste der Koffer nochmals durchleuchtet werden, ansonsten durfte ich aber ohne Kontrolle oder Fragen durch. Schon steht man draussen auf einer Art Vorplatz, ein Café befindet sich daneben und wie in solchen Ländern üblich, ist auch die Taximafia recht aktiv und vor allem als First-Timer in einem solchen Land ist es relativ schwer zu sagen, wer da wirklich seriös ist und wer nicht.
Seriös sind auf jeden Fall die Leute mit den Hotelschildern in der Hand. Die spricht man einfach an. Per Handy zitieren die dann jemand mit einem Auto vorbei, da innerhalb des Flughafenareals grosse Fahrzeuge wie Vans nicht gerne gesehen sind wegen der Terrorgefahr.
Ich hatte etwas Zeit und war gar nicht so unglücklich, dass ich nun fast eine Stunde Verspätung zum Zeitplan hatte, denn das bedeutete weniger Wartezeit, bis die Lufthansa aus Frankfurt mit Tim an Bord landen würde, die mit einigem Abstand hinter der Swiss hergeflogen ist und um 21:30 landete, was ich auf dem Flugradar gespannt verfolgt habe. Somit ist das auch schön verteilt, wenn Lufthansa kommt, sind die Swiss-Passagiere im Regelfall bereits komplett durch die Immigration. Dennoch brauchte Tim aber ewig länger als ich. Es gab offenbar ein Problem mit der Gepäckausgabe. Sein Koffer kam, aber erst nach 50 Minuten und mehreren Pausen.
Der Transfer ins Sheraton klappte, vorgebucht haben wir den aber nicht, sondern eben einfach den Typen mit dem entsprechenden Schild in der Hand angesprochen. Nach 5 Minuten Fahrt waren wir dort. Wie üblich in Nairobi steht vor jedem Hoteleingang ein Metalldetektor und das Gepäck wird ebenfalls durchleuchtet. Es ist schon nach 23 Uhr, somit gut 3 Std. seit meiner Landung, als wir unser Doppelzimmer mit dem wohl breitesten Doppelbett ever erreichen und ins Bett fallen. Auszusetzen gibts hier nichts, es ist eines der wenigen westlichen, modernen Hotels, wenn man mal von Kenya's Küste absieht. Sauber, Klimaanlage funktionierte auch, das Bad ebenfalls OK. Eine letzte Nacht im Komfort, bevor es dann definitiv aus der Komfortzone geht.
Four Points by Sheraton Nairobi Airport by R. Kurmann, on Flickr
Four Points by Sheraton Nairobi Airport by R. Kurmann, on Flickr
Für Aviatikfreaks habe ich noch meinen üblichen, sehr ausführlichen Flugtripreport: