und nur hier ein entsprechend pro-amerikanisches, unkritisches Gedankengut vorherrscht.
Nope!
- Amerikanische Elektroinstallationen liessen mir schon oft das Blut in den Adern gefrieren.
- Die Prozessabläufe an der Immigration müssen dringendst überarbeitet und beschleunigt werden.
- Das Fehlen eines dualen Berufsbildungssystems ist nicht nur dann lästig, wenn man merkt, dass viele Photopass-Fotografen keine Ahnung haben, wie man gute Bilder schiesst.
- Öffentliche Verkehrsmittel fristen ausserhalb vom Northeast Corridor ein Schattendasein.
- Auf den Seitenstreifen von so manchem Freeway herrscht eine verdammte Sauordnung aus geplatzten Reifen und allerlei Littering-Zeugs.
- Man glaubt gar nicht, wieviele Telemarketing Junk Calls an einem einzigen Abend in einem stinknormalen US-Privathaushalt eingehen, wenn man es nicht selbst mal erlebt hat.
- Kommerzielle amerikanische Radiosender sind ein Graus und schlicht unhörbar, wenn pro Stunde 20 Minuten Werbung und 4-5x am Tag der gleiche Song gespielt wird.
- Ich weiss, dass wenn ich unter denselben Bedingungen in den USA wohl kein so gutes Leben hätte. Deren Sozialversicherungssysteme reichen nun mal nicht an die der Schweiz heran.
...ABER:
- In welchem Land erlebe ich als Mensch mit einer sichtbaren Behinderung mehr Akzeptanz und weniger Ausgrenzung?
- In welchem Land ist die Akzeptanz für meine Hobbies (nicht nur Disney) generell offener und toleranter?
- In welchem Land kann ich eine Sportveranstaltung besuchen, ohne gleich Angst haben, von Hooligans und anderen verhaltensgestörten Individuen beschimpft oder gar zusammengeschlagen zu werden?
- In welchem Land kann man so gut dem Shopping frönen? Wo ist die Auswahl grösser und das Preis-Leistungsverhältnis attraktiver?
- In welchem Land kannst Du dich in einem Disney-Park auch als Erwachsener ohne schlechtes Gewissen in eine Line für Characters stellen, wo zudem auch jeder geduldig wartet, bis er/sie an der Reihe ist?
Aufzählungen beiderorts natürlich keinesfalls abschliessend und Regeln ohne Ausnahmen gibt's nicht. Ein jedes Land hat seine Vor- und Nachteile, welche jeder basierend auf seinen Interessen, Fähig- und Möglichkeiten und Vorlieben anders gewichtet. Weder in den USA, Deutschland, Österreich oder der Schweiz ist alles gut oder alles schlecht. Dass wir hier völlig unkritisch gegenüber den USA wären, kann ich nicht unterstreichen - jeder hat sich sicher auch schon mal über irgendeinen Missstand dort geändert und mir tut es bis ins Herz weh, wenn ich sehe, wie dieses Land teils massiv gegen die Wand gefahren wurde. Aber: Wer fällt 10x hin und steht 11x wieder auf und glaubt trotz allem, dass es irgendwie und irgendwann dann doch wieder gut kommt?
Niemand wird gezwungen, Ferien im Ausland zu verbringen. Wenn ich in ein anderes Land fahre, tue ich dies aus freiem Antrieb und dann passe ich mich halt an. Ich, für meinen Teil, sehe nach 10x USA einfach, dass drüben das Umfeld, für das, was ich gerne tue und mache einfach eine oder zwei Spuren besser ist.
Dann soll man doch aufzeichnen, was ich wo gekauft habe und wie lange ich wo gewartet habe, der Immigration Officer meine Fingerabdrücke nehmen und das DHS mein Reiseverhalten aufzeichnen. Ich glaube nicht, dass ich als Einzelperson interessant für die NSA bin. Ich poste auf Facebook nur, wozu ich stehen kann. Man kann es gut oder schlecht finden, aber es ist nun mal eine Realität, dass Privatsphäre in der heutigen vernetzten Welt auf dem Rückmarsch ist. Als Einzelperson kann ich das nicht ändern, das Rad der Zeit lässt sich nicht zurückdrehen.
Und letztlich ist für mich Heimat nicht in jedem Fall das, was in meinem Reisepass steht, sondern dort, wo ich mich wohl fühle. Das mag für den einen in den Alpen sein, für mich ist es nun mal in den USA. Ist auch eine Realität, welche man gut oder schlecht finden kann.